Mittwoch, 30. Mai 2012

Chapter 32


Brahve war in einen angenehmen, heilsamen Schlaf gefallen, kurz nachdem er von Kristin getrunken hatte. Er wurde er erst wieder wach, als er wahrnahm, dass sie nicht mehr alleine im Zimmer waren. Seine Sinne waren hellwach, immer bereit, Kristin zu verteidigen.
Hallo Brahve.“
Brahve schluckte. Er wusste nicht, was er von seinem Vater erwarten sollte. Immerhin waren sie im Streit auseinander gegangen. Er hatte ihm gesagt, dass er auf den Thron verzichten würde. Und jetzt war er wieder hier... Und das, wo er vermutlich nachdem er so gegangen war, kein Recht mehr dazu hatte.
Ich gehe, wenn es sein muss. Aber lasst Kristin hier bleiben.“ murmelte er und setzte sich schon halb auf um seine Sachen zu suchen.
Eine Hand auf seine Schulter hielt ihn auf. „Was tust du? Natürlich musst du nicht gehen. Erst recht nicht, so lange du noch nicht wirklich wieder fit bist.“ sagte Wrath ernst.
Das geht schon. Ich komme schon zurecht.“ murmelte Brahve leise.
Ich will aber gar nicht, dass zu gehst. Niemand hat gesagt, dass du nicht hier bleiben sollst oder darfst.“
Brahve sah seinen Vater ein wenig überrascht an, nickte dann aber schwach, war eigentlich doch froh darüber, dass er nicht von hier weg musste. Er wollte, dass Kristin hier bleiben konnte und von ihr weg zu gehen, wäre mehr als schwer für ihn.
Kristin, die zu vor ein wenig vor sich hin gedöst hatte, setzte sich jetzt ebenfalls auf, sah zwischen Vater und Sohn hin und her. „Ich... gehe mal nach oben. Ich komme später wieder, okay?“ sagte sie, hatte das Gefühl, dass die Beiden ein wenig Zeit alleine brauchten, um sich zu unterhalten.
Nur sehr ungerne ließ Brahve sie los, aber er wusste, dass er wohl wirklich mit seinem Vater alleine sprechen sollte. „Bis... später.“ sagte er leise.

Wrath wartete bis Kristin weg war. Er wollte noch nichts davon sagen, dass Brahve in die Bruderschaft aufgenommen werden sollte. Damit wollte er wirklich warten, bis er fit genug für die Zeremonie war. Aber er wusste, dass es an der Zeit war, sich endlich mit seinem Sohn auszusprechen. „Ich hatte Angst dich zu verlieren.“ sprach er etwas aus, was er nicht mehr länger zurück halten konnte.
Brahves Augen weiteten sich. Das letzte Mal, dass er seinen Vater in so einem Tonfall mit ihm hatte sprechen hören, war so lange her, dass er sich kaum daran erinnern konnte, aber er vermutete, dass er da noch ein Kind gewesen war. „Es tut mir leid. Ich wollte nicht so viel Ärger machen.“ sagte er leise.
Nein... du hast keinen Grund dich zu entschuldigen. Ich dagegen schon. Ich war viel zu hart zu dir. Sicher, ich habe immer nur das Beste für dich gewollt, aber ich hab dir zu wenig gezeigt, dass du einfach nur mein Sohn bist. Und du hast dich wirklich wie ein Mann von Wert verhalten. Ich bin so stolz auf dich, Brahve. Und ich will, dass du wieder hier bei uns lebst. Bitte. Deine Mutter vermisst dich. Und ich...“ Wrath schluckte schwer. Selten war er so emotional wie jetzt gerade und er fand es schlimm genug, was alles hatte passieren müssen, dass er zu dieser Einsicht gekommen war. „... ich vermisse dich auch.“
Wieder war Brahve wirklich überrascht. Es berührte ihn wirklich, was sein Vater sagte und er war sich zu vor nicht bewusst gewesen, wie wichtig es für ihn war, so etwas von ihm zu hören. Einmal nicht kritisiert zu werden. Gelobt zu werden... das Gefühl zu haben, geliebt zu werden.
Wrath war sich nicht sicher, wie er Brahves Schweigen deuten sollte und er spürte deutlich, wie ihm die Angst den Nacken hochkroch, dass er es mit seinem Sohn vielleicht wirklich schon zu sehr vermasselt hatte. „Brahve... ich könnte verstehen, wenn du das jetzt alles nicht mehr wissen willst, aber ich... ich meine das ernst. Es tut mir leid, wie ich mich verhalten habe. Und das hier... das hier ist von Vater zu Sohn, nicht von König zu Prinz, verstehst du?“
Dad...“ murmelte Brahve. „Ich... mir tut es auch leid. Ich weiß, dass es falsch von mir war, wie ich mich verhalten habe. Dass ich das Training nicht ernst genommen habe. Ich wollte auch nicht sehen, warum du das für so wichtig gehalten hast. Es ist mir erst bewusst geworden, als ich Kristin fast verloren hätte. Ich... hab heimlich angefangen zu trainieren. Payne, Qhuinn und Blay haben mir dabei geholfen. Aber sei ihnen nicht böse, ich bin froh, dass sie es getan haben. Ich habe viel von ihnen gelernt.“ sagte er. „Als ich gegangen bin... ich weiß, dass ich da hart war, aber da ging es in dem Fall nur um Kristin. Ich wollte nie ganz von hier weg. Ich wollte nur, dass ihr akzeptiert, dass ich Kristin helfen werde und dass du endlich verstehst, dass ich mich nicht als Prinz sehe.“
Wrath schmunzelte leicht. „Ich übersehe manchmal, wie ähnlich du mir bist.“ sagte er leise. „Ich habe mich auch nie als Prinz oder als König gesehen. Es hat lange genug gedauert bis ich in diese Rolle gefunden habe. Also sollte ich wohl akzeptieren, dass du das auch nicht kannst. Jedenfalls noch nicht. Du bist immerhin noch jung.“ Er lächelte leicht. „Was Kristin angeht... ich bin sehr zufrieden mit deiner Wahl, mein Sohn.“
Es tat so gut zu hören, dass sein Vater es endlich akzeptierte. Dass er ihn nicht mehr in diese Rolle zwingen wollte, die er nicht haben wollte. „Danke, Dad.“ sagte er sehr leise, seufzte dann aber. „Und Kristin... ich... ich weiß nicht, ob das eine so gute Wahl ist.“
Doch, das ist sie. Und dass du deine Wahl bereits getroffen hast, ist nicht zu übersehen.“
Aber sie... sie hat doch nicht mich gewählt.“ murmelte Brahve.
Da wäre ich mir nicht so sicher.“ grinste Wrath und genoss dieses Gespräch, diesen Moment mehr als alles andere und als Brahve sich aufsetze und ihn in eine etwas unsichere Umarmung zog, schlug sein Herz wahnsinnig schnell vor Stolz und Liebe.
Ich bin stolz auf euch beide.“ Beide Männer schreckten auseinander als sie eine Stimme von der Tür her hörten.
Wie lange stehst du schon da, Lielan?“ fragte Wrath leise.
Beth lächelte, ihre Augen leicht feucht. „Lange genug um stolz auf euch beide zu sein.“ antwortete sie und lief dann zu ihrer Familie, legte einen Arm um ihren Hellren und küsste ihrem Sohn auf die Stirn.


Als Kristin ihr Zimmer betrat, hatte sie einerseits das Gefühl, nie wirklich weg gewesen zu sein, aber auf der anderen Seite kam es ihr so vor als wäre es Jahre her, eher so wie in ihrem alten Leben. Gewissermaßen war das sogar auch wirklich so. Sie war jetzt eine Vampirin. Unglaubwürdig fuhr sie sich über ihre spitzen Zähne und lächelte leicht. Endlich brauchte sie keine Angst mehr haben, dass es vielleicht stimmte, was alle sagten. Dass sie sich nie wandeln würde...
Kristin? Können wir rein kommen, Schatz?“
Sie drehte sich um und sah ihren Vater in der Tür stehen. Da er von wir sprach, nahm sie an, dass ihre Mutter auch da war und das wiederum bedeutete, dass sie noch einmal mit ihr über alles sprechen wollten. Sie zögerte kaum, sondern nickte gleich. „Ja, kommt rein.“
Als Mary an Rhage vorbei trat, erstarrte Kristin ein wenig. Ihre Mutter wirkte ungewöhnlich schwach und traurig. Dabei war sie für sie immer die stärkste Frau gewesen, die sie kannte. Und ihr wurde bewusst, dass sie immer so wie Mary hatte sein wollen, immer wie die Frau, die die einzige Mutter war, die sie je gekannt hatte, die sie je kennen würde. Und... das war auch noch immer so. Würde immer so sein. Sie schluckte schwer, versuchte nicht, die Tränen weg zu wischen, die ihr nun über die Wangen liefen und sie ging zu ihrer Mutter, schlang ihre Arme um sie. „Mom.“ flüsterte sie.
Rhage lehnte sich gegen den Türrahmen und hatte das Gefühl, dass ihm gerade ganze Felsen vom Herzen fielen, als er die beiden wichtigsten Frauen seines Lebens vor sich sah, in einer innigen Umarmung miteinander vereint.
Kristin. Mein Baby.“ flüsterte Mary und streichelte ihre Tochter über den Rücken, hielt sich an ihr fest. „Es tut mir so leid.“
Ein wenig löste sich Kristin aus der Umarmung und schüttelte leicht ihren Kopf. „Nein... es ist nicht deine Schuld. Aber ich will, dass ihr mir jetzt alles erzählt.“ bat sie sie und sah über Marys Schulter hinweg auch zu Rhage. Der trat nun richtig ins Zimmer, legte Mary eine Hand auf die Schulter und nickte, führte die beiden Frauen zum Bett, damit sie sich setzen konnten.

Bevor wir dir alles erzählen, will ich dir nur eins sagen... Du warst immer die Tochter, die wir uns gewünscht haben und wirst es auch immer sein.“ sagte Rhage leise und griff nach Marys Hand, bevor er weiter sprach. „Ich glaube, wir waren alle geschockt, als du in unser Leben getreten bist. Brahve und Nalla haben dich beim spielen im Schnee gefunden, mit einer Nachricht an mich gerichtet. Von deiner Mutter, deiner leiblichen Mutter. Ihr Name war Karen. Ich kannte sie kaum, sie war lediglich eine Bekanntschaft in einem Club. Bevor ich Mary kannte, hatte ich... na ja, viele Frauen.“ Er verzog sein Gesicht und war froh darüber, dass Mary seine Hand drückte. Vor seiner Tochter darüber zu sprechen, wie er vorher gewesen war, fiel ihm alles andere als leicht. Er schämte sich dafür, das zu geben zu müssen. „Ich bin nicht stolz auf das alles, auch wenn ich sagen muss, dass mir das alles... dich... geschenkt hat. Wir wusste nicht, wie du zum Anwesen gekommen bist, wo deine Mutter war. Auf der Nachricht stand, dass sie krank ist und dich nicht mehr behalten kann, dass ich dich von nun an bei mir behalten soll. Vishous hat einige Nachforschungen gemacht und dabei kam dann raus, dass sie... tatsächlich kurz danach gestorben ist. Sie wusste, dass sie stirbt und dachte, es wäre das Beste für dich, dich zu deinem Vater, zu mir, zu bringen.“ erklärte Rhage und sah dabei immer wieder dieses kleine hilflose Mädchen vor sich. Er machte eine Pause, wollte, dass Kristin die Gelegenheit hatte, das bisher gehörte ein wenig zu verarbeiten.
Brahve hatte sie gefunden? Wenn Brahve sie nicht gefunden hätte, dann wäre sie niemals hier... Irgendwie fand Kristin das ziemlich bemerkenswert, dass es ausgerechnet er gefunden hatte. Auch wenn sie damals kleine Kinder gewesen waren, aber es hatte schon von Anfang an eine Verbindung zwischen ihnen gegeben, die sich kaum erklären ließ. Sie konnte Rhage keinen Vorwurf machen, dass er vor Mary andere Frauen gehabt hatte. Sie wusste, wie sehr er Mary liebte, hatte ihre Eltern immer um diese tiefe Liebe zueinander beneidet. Und was geschehen war, bevor sie sich kannten, war nun mal Vergangenheit.
An der Stelle übernahm nun Mary das Reden, hatte das Gefühl, dass es wichtig war, dass sie auch ihre Seite des Ganzen zu erzählen. „Ich... kann keine Kinder bekommen. Konnte es nie. Du weißt, dass ich früher sehr krank war. Das hat dazu geführt, dass ich keine Kinder bekommen kann. Und das, wo dein Vater und ich... wir uns immer Kinder gewünscht haben. Es war nicht leicht zu wissen, dass ich ihm diesen Wunsch nie erfüllen kann. Und es war auch ganz sicher nicht leicht zu wissen, dass eine andere Frau das stattdessen getan hat. Aber... ich weiß, dass das nichts mit uns zu tun hatte, was davor passiert ist. Und erst recht nichts mit dir. Wie konnte ich einem so kleinen Mädchen einen Vorwurf daraus machen? Und... du bist ein Teil von ihm. Es war für mich klar, dass du... dann auch ein Teil von mir sein wirst und ich habe in dir immer meine Tochter gesehen, nur dass ich nun mal leider nicht die Frau war, die dich zur Welt gebracht hat.“ Marys Stimme brach leicht und sie war froh, Rhage direkt neben sich spüren zu können, der ihr die nötige Kraft gab weiter zu sprechen. „Wenn es etwas gibt, das wir falsch gemacht haben, dann dass wir nicht früher mit dir gesprochen haben. Dein Dad und ich, wir haben immer gedacht, dass wir das tun um dich zu schützen, aber wir hätten es dir selber sagen sollen, dir alles erklären sollen, als du alt genug warst um es zu verstehen. Ich kann verstehen, dass du dich belogen fühlst, aber... alles, was nicht stimmt, war dass ich dich nicht zur Welt gebracht habe. Alles andere war immer echt. Du bist meine Tochter, Kristin.“
Rhage küsste Mary sanft im Nacken, konnte spüren wie aufgewühlt seine Shellan war und er sah seine Tochter abwartend, fast bittend an.
Ich... ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht dazu gehörte. Nicht hier her. Und... als ich davon erfahren habe, dachte ich, dass ich jetzt auch weiß wieso und dass ich dann auch wirklich gehen sollte. Aber, ich denke, ich habe das falsch eingeschätzt. Die Einzigen, bei denen ich mich immer dazu gehörig gefühlt habe, wart ihr beide. Ihr... ihr seid meine Familie. Die einzige Familie, die ich je hatte und ich liebe euch. Ich... will... nicht mehr weg von hier.“ murmelte Kristin überwältigt und fiel ihren Eltern um den Hals.
Es tut mir leid, dass du so fühlst. Ist das denn besser geworden?“ fragte Rhage.
Ja, ein bißchen. Und ich denke, das liegt daran, dass ich mich gewandelt hatte. Ich hatte solche Angst, dass ich das nie tun würde.“
Rhage lächelte seine Tochter stolz an. „Du bist so eine wundervolle Vampirin.“
Und ich nehme an, es liegt auch ein bißchen was an einem jungen Vampir?“ fragte Mary lächelnd.
Kristin errötete sofort. „Ich... ich weiß nicht. Vielleicht. Mom, kann ich mal mit dir alleine reden?“
Wirklich begeistert wirkte Rhage nicht, dass er nun gehen sollte, aber er wusste, dass es für Mary sehr wichtig war jetzt Zeit mit Kristin zu verbringen, die Bindung zu ihrer Tochter wieder zu festigen. Und vermutlich gab es Themen über die sie lieber mit ihrer Mutter als mit ihrem Vater sprechen würde. Er küsste Mary sanft, strich seiner Tochter zärtlich durch die Haare und verließ dann das Zimmer.

Worüber willst du denn mit mir sprechen?“ fragte Mary.
Ich... na ja... es ist wegen Brahve. Ich... mag ihn. Irgendwie. Aber ich weiß nicht, wie er zu mir steht. Ich meine, ja er hat mir geholfen und er hat mich von seinem Blut trinken lassen, aber das hat er ja nur getan, weil er es tun musste.“ murmelte Kristin, wirkte dabei deutlich verwirrt und niedergeschlagen. „Ich hab ihn gesehen, Mom. Und es gibt nichts, was ich ihm bieten könnte.“ platzte es aus ihr hervor.
Mary wollte gerade ansetzen, ihrer Tochter zu widersprechen, ihr zu sagen, dass sie nicht glaubte, dass Brahve das nur getan hatte, weil er gemusst hatte, aber die letzten Worte machten sie stutzig. „Wie meinst du das, du hast ihn gesehen? Und dass du ihm nichts bieten kannst? Warum denkst du das von dir?“
Ich hab ihn gesehen. Beim... Sex. Er ist... brutal. Hart. Und ich... ich kann ihm doch so was nicht bieten.“
Mary seufzte leise. „Das musst du ihm auch nicht bieten. Ich denke, dass Brahve wirklich was an dir liegt und wenn das so ist, dann wirst du nichts tun müssen, was du nicht willst.“
Aber ich habe doch keine Ahnung von so was.“
„Schatz, das ist doch nicht schlimm. Ich bin mir sicher, dass er das weiß und versteht.“
Ich möchte aber alles für ihn sein. Alles, was er will. So... so wie bei Dad und dir.“ sagte Kristin traurig.
Ich glaube, das bist du. Du bist alles für ihn, mein Schatz.“

Mittwoch, 23. Mai 2012

Chapter 32


Blay war fest davon ausgegangen, dass Qhuinn im Trainingszentrum zu finden. Stattdessen fand er ihn schließlich in ihrem Schlafzimmer auf dem Bett sitzend. Der Fernseher lief und Blay lehnte sich ein wenig gegen den Türrahmen, beobachtete Qhuinn und sah auf den Bildschirm. Wie oft hatten sie dieses Video schon gesehen...
Heyyyy, was soll das? Lass mich sofort runter!“ Blay zappelte, als Qhuinn versuchte, ihn auf seine Arme zu nehmen. Sie liefen nebeneinander her den Gang entlang. Ihre Zeremonie gerade hinter sich auf den Weg zu ihrem Schlafzimmer.
Ich will dich aber tragen.“ schmollte Qhuinn.
Oh nein, du wirst mich aber nicht tragen.“
„Du durftest schon meinen Namen auf dem Rücken haben.“ Noch immer dieses typische Schmollen.
Und schon wieder versuchte Qhuinn ihn hochzuheben. Und wieder wehrte Blay sich erfolgreich dagegen. Beide lachten darüber und rannten ein Stück den Gang entlang.
Kurz vor ihrer Zimmertür packte Blay Qhuinn völlig unerwartet und hob ihn hoch. Auch Qhuinn zappelte ein wenig, aber Blay hielt ihn weiter fest.
Lass mich sofort wieder runter, Blay. Was tust du?“
Erst, wenn wir am Bett angekommen sind, lasse ich dich wieder runter.“ sagte er, seine Stimme jetzt nicht mehr diesen verspielten Unterton wie noch zu vor sondern deutlich rauer.
Qhuinn verstummte und schob seine Hand in Blays Nacken, zog ihn zu sich um ihn zu küssen.
Mach die Kamera endlich aus, John.“ war der letzte Satz, der auf dem Video noch zu hören war.

Natürlich wusste Blay auch so noch in allen Details wie diese Nacht weiter gegangen war...
Warum siehst du dir das an?“ fragte er in die Stille, die im Zimmer herrschte, nachdem das Video zu Ende war, Qhuinn noch immer auf den Fernseher sah. „Wir müssen gleich zur Besprechung bei Wrath.“ fügte er hinzu.
Qhuinn drehte sich zu Blay um und streckte eine Hand in seine Richtung aus. „Komm her.“
Blay überwand die Distanz mit einer Schnelligkeit, die das menschliche Auge nicht mal wahrgenommen hätte und zog Qhuinn in seine Arme. „Was ist los? Du weißt, ich liebe dieses Video, aber warum siehst du es dir an?“
Ich weiß es auch nicht. Vermutlich entdecke ich gerade meine sentimentale Seite.“ lachte Qhuinn leise an Blays Schulter, an die er sich geschmiegt hatte.
Dass ich das noch erleben darf.“ lachte Blay. „Bist du okay?“ wollte er wissen, während seine Hand in kreisenden Bewegungen über Qhuinns Rücken streichelte.
Ja, bin ich. Ich schätze, ich hab nur deine Nähe gebraucht. Ich bin auch soweit um zu Wrath zu gehen. Ich weiß jetzt, was ich tun will.“
Blay zog seine Augenbrauen leicht hoch, fragte aber nicht nach. Er vertraute Qhuinn genug um zu wissen, dass es nichts falsches sein würde. Und er wusste auch, dass was immer es war, er ihn dabei unterstützen würde.
Dann lass uns los.“ sagte er, küsste Qhuinn noch mal schnell und stand dann vom Bett auf.

Zusammen verließen sie das Zimmer und betraten einen Moment später das Büro des Königs, in dem sich nach und nach die Bruderschaft versammelte. Beide nahmen sie auf ihrem Stamplatz gegenüber des Kamins Platz und warteten darauf, dass sich das Büro füllte.
Der König wirkte ernst und seltsam gefasst, vermutlich um nicht zu sehr zu zeigen, wie ihm die Angst um Brahve zu setzte.
Als alle da waren, begann Wrath mit ernster und tiefer Sprache zu sprechen. „Ich erwarte von euch allen einen Bericht über die Lage.“
Zunächst begannen Rhage und Butch von ihrer letzten Streife zu sprechen und dann war es wieder Vishous, der von der Nacht an dem Haus sprach, in der Brahve angeschossen worden war.
Ich würde dazu gerne auch noch etwas sagen. Oder besser gesagt... ich würde gerne etwas vorschlagen.“ meldete Qhuinn sich zu Wort, nachdem Vishous seinen Bericht beendet hatte. Blay blickte ihn nur kurz etwas überrascht an, ließ seine Hand dann aber locker auf Qhuinns Rücken liegen. „Ich möchte jemanden für die Bruderschaft vorschlagen.“
Spätestens mit diesem Satz hatte er die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden.
Ich denke nicht, dass wir Aghony schon jetzt zum Bruder machen sollten. Er ist gut, aber es ist noch zu früh.“ sagte Phury.
Und Rhock ist noch zu unreif.“ kommentiere Zsadist, bemüht nich zu abwertend vom Freund seiner Tochter zu sprechen.
Qhuinn schüttelte den Kopf. „Ich spreche auch nicht von Aghony oder Rhock. Ich spreche von Brahve. Ich würde ihn gerne vorschlagen.“ Er konnte die Stimmung im Zimmer spüren, aber sprach unbeirrt weiter, seiner Sache wirklich sicher. „Ich weiß, dass er eigentlich nicht mal mehr im Trainingsprogramm ist, aber er hat dennoch trainiert. Und er hat bewiesen, dass er genau das getan hat, was jeder von uns Brüdern in so einer Situation getan hat.“ Er warf einen kurzen Blick zu Blay wie um sich zu vergewissern, dass der wirklich noch da war. „Ich weiß, dass es nicht reicht, wenn nur ich ihn vorschlage, aber denkt bitte darüber nach.“
Ich stimme dem zu.“ Dass Blay Qhuinn zu stimmte, wunderte zwar niemanden wirklich, aber er sprach sofort weiter. „Ich habe ebenfalls mit ihm trainiert. Er ist einer der besten Schützen, die wir haben und er ist denke ich wirklich soweit, das was andere einem sagen, auch anzunehmen und umzusetzen.“
Vishous sah kurz zu den beiden jüngeren Vampiren und wendete sich dann direkt an Wrath. „Ich würde Brahve ebenfalls vorschlagen. Ich habe ihn im Kampf gesehen und er ist viel weiter als alle aus dem Trainingsprogramm. Ich denke auch, er ist so weit.“
Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass ein junger Krieger die Beführwortung drei seiner Trainer brauchte um in die Bruderschaft aufgenommen zu werden. V jedoch trainierte nicht im Trainingsprogramm, was bedeutete, dass es nicht reichen würde, um Brahve wirklich aufzunehmen.
Ich bin auch dafür, Brahve aufzunehmen.“ Alle drehten sich um. Payne gehörte zwar nicht zur Bruderschaft im engen Sinne, aber alle Brüder respektierten sie wie eine von ihnen, seitdem sie aktiv mit im Trainingsprogramm mit arbeitete und es hatte auch schon einige Kämpfe gegeben, in denen sie geholfen hatte. Somit gab es nun auch eine dritte Stimme für Brahve...


Seid ihr euch sicher?“ erkundigte Wrath sich.
Ich bin auch dafür.“ meldete Rhage sich zu Wort. „Brahve ist ein Krieger. Und ich denke, er sollte einer von uns werden.“ Er würde nicht vergessen, dass Brahve es gewesen war, der seine Tochter durch die Transition geführt hatte. An diese ganze Bindungssache konnte er sich noch nicht gewöhnen, aber er wusste, dass er sich da ohnehin nicht einmischen konnte. Mary würde kein Wort mehr mit ihm sprechen, wenn er seine Tochter nicht das machen ließ, was sie wollte. Und noch schlimmer, sie würde nicht mehr mit ihm schlafen. Irgendwie schwenkten seine Gedanken gerade etwas ab...
Tohrment räusperte sich. Bereits seit einigen Jahren führte er offiziell wieder die Bruderschaft an. „Das bedeutet, dass wir Brahve aufnehmen werden. Sobald es ihm gut genug gehen wird, werden wir die Zeremonie durch führen. Oder sprichst du dich dagegen aus?“ fragte er den König offen, angesichts ihrer tiefen Freundschaft.
Wrath seufzte leise. „Er sollte der Prinz sein. Kein Krieger.“
Wrath, ich weiß, du willst es nicht hören, aber du warst auch nicht anders. Und du warst auch zuerst ein Krieger und dann ein König. Er hat noch Zeit um sich auf den Thron vorzubereiten.“ sagte Tohr vorsichtig.
An der daraufhin folgenden Stille wussten alle, dass Wrath wusste, dass Tohr recht hatte. „Es ist nur, er muss besonders geschützt werden. Aufgrund seiner Stellung. Er ist der einzige, direkte Thronfolger.“ Und wenn er an Beth Schwangerschaft dachte, dann würde er das vermutlich auch bleiben.
Qhuinn räusperte sich um die Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen. „Ich werde mit ihm zusammen rausgehen. Ich werde weiter mit ihm trainieren und er wird unter meinem Schutz stehen.“ sagte er ernst. Jemand der sein Leben für Blays gegeben hätte, würde er immer mit seinem Leben schützen, koste es, was es wollte.
Wieder schwieg Wrath kurz. „Dann sei es so.“ verkündete er dann feierlich. Mittlerweile konnte er seinen Stolz kaum zurück halten. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr er sich das für seinen Sohn gewünscht hatte. „Sobald es ihm besser geht, bereiten wir alles vor.“
Nach und nach verließen die Brüder das Arbeitszimmer. „Qhuinn, bleibst du bitte noch einen Moment?“
Qhuinn zuckte zusammen, fühlte sich für einen kurzen Moment so, als hätte er irgendwas ausgefressen, aber nickte dann und wirkte so locker wie eh und je. „Klar. Was gibt es noch?“ Er nickte kurz Blay zu und schlenderte dann zum Schreibtisch des Königs, lehnte sich locker gegen die Kante.

Ich würde gerne über deinen Job sprechen. Ich denke, wir beide wissen, dass John keinen Ahstrux Nohtrum mehr braucht. Und bevor du was sagst... das ist nicht als Angriff gegen dich gemeint, du hast deinen Job sehr ernst genommen, so viel weiß ich auch, Qhuinn. Aber John ist jetzt selber zu sehr Krieger. Zu dem hat er Xhex an seiner Seite und die beiden kriegen das ganz gut alleine hin. Ich... würde es begrüßen, wenn du stattdesen der neue Ahstrux Nohtrum von Brahve werden würdest.“
Es gab wenig Situationen, in denen Qhuinn wirklich überrascht war. Das jedoch war eine. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er seinen Job je los werden würde. Die Träne war unter anderem auch ein Symbol dafür, dass das ein Job auf Lebenszeit war. Er neigte seinen Kopf leicht, als Zeichen des Respektes vor dem König. „Es wäre mir eine Ehre, wenn ich diese Aufgabe übernehmen könnte. Ich werde ihn mit meinem Leben beschützen.“
Das weiß ich. Du machst deine Sache sehr gut. Und wirst sie auch weiterhin gut machen. Du kannst dann jetzt gehen!“
Als Qhuinn das Arbeitszimmer des Königs verließ, prallte er im Flur sofort gegen Blay, der nicht weit von der Tür gewartet hatte. Qhuinn grinste seinen Hellren an und zog ihn mit sich. „Keine Angst, ich hab nichts angestellt. Ich wurde auch nicht bestraft. Nur hat mein Job sich jetzt leicht geändert. Von nun an ist es Brahve, den ich beschützen werde.“
Ein wenig überrascht sah Blay zu Qhuinn. „Du wirst nicht mehr John beschützen?“
Nein. Und ich muss sagen, dass ich sehr gut damit leben kann, dass mein neuer Job nun Brahve ist. Ich... habe ihm etwas zurück zu geben und da ist es nur fair so.“ sagte Qhuinn.
Blay zog ihn an sich und küsste ihn, wollte nicht, dass wieder zu sehr die Gedanken daran aufkamen, dass er Schuss ihm gegolten hatte. „Ich fand es schon bemerkenswert, dass du ihn für die Bruderschaft vorgeschlagen hast. Das war mutig, ich wusste nicht genau, wie Wrath darauf reagieren würde.“
Qhuinn zuckte mit den Schulter. „Ich hab nur gesagt, was ich für richtig halte. Und dafür sind wir Trainer. Um zu sagen, wen wir für gut genug halten.
Ich weiß. Und weil du das immer tust, liebe ich dich.“


Als Brahve wach wurde, hatte er das Gefühl, dass sich irgendwas verändert hatte, wusste nur noch nicht so recht was. Er fühlte sich zum ersten Mal in seinem Leben irgendwie... vollständig. Außerdem seltsam ruhig ohne, dass irgendetwas dunkles in seinem Inneren zu pulsieren schien. Und er konnte den weichen, warmen, weiblichen Körper neben sich spüren, von dem er wusste, dass sie die Ursache für all das war. Und doch war da noch etwas anderes, tiefer gehendes.
Er nahm einen dunklen, würzigen Geruch im Zimmer wahr, der sich verstärkte, wenn er an Kristin dachte und plötzlich riss er seine Augen auf. Das konnte doch nicht passiert sein. Er war doch so vorsichtig gewesen um sich nicht an Kristin zu binden, ihr etwas an zu tun, auf das sie keinen Einfluss hatte. Und er wusste, was für eine Qual es sein würde, an eine Frau zu binden, die einen nicht wollte. Offenbar hatte sein Körper, als er geschwächt gewesen war, sie bei ihm geblieben war, sie ihm Blut gegeben hatte, die Entscheidung allerdings für ihn übernommen und er war zu schwach gewesen um es zu verhindern.
Langsam hob Kristin ihre Kopf, blinzelte müde, als sie ihre Augen öffnete und in seine ungewöhnlichen Augen blickte. „Brahve?“ fragte sie leise. „Du bist wach. Wie geht es dir?“ wollte sie wissen und setzte sich richtig auf.
Brahve wollte protestieren, als er sie dadurch nicht mehr so eng an sich spüren konnte, hätte sogar fast geknurrt, so sehr schrie er danach sie näher an sich spüren zu können. Aber er konzentrierte sich darauf, ihr ihre Frage zu beantworten, da in ihrem Gesichtsausdruck echte Sorge zu lesen war. Sorge... um ihn.
Es geht. Es fühlt sich noch immer so an, als würde eine riesen Last auf meine Brust drücken, aber es ist schon etwas besser geworden.“ antwortete er ihr. „Dein Blut... dein Blut hat mir geholfen.“ Blitzschnell drehte er seinen Kopf zur Seite, konnte sie nicht ansehen, wenn er darüber sprach. „Danke, dass du mir davon gegeben hast.“ murmelte er leise. „Das... also du hättest das nicht tun müssen.“
„Hör auf so was zu sagen. Ich wollte dir helfen. Ich... brauchst du noch mehr Blut?“ Sie biss sich auf die Lippen, fragte sich, wie sie darauf kam, ihm einfach so von sich anzubieten. Vielleicht würde er das jetzt auch falsch verstehen. Das Dumme war... sie WOLLTE, dass er von ihr trank. Und nur noch von ihr.
Brahves Kopf fuhr zu ihr herum. „Was? Ich... nein, also ich...“ stotterte er und ärgerte sich über sich selber, dass seine Stimme viel zu geschwächt klang.
Du solltest noch was trinken. Jane hat auch gesagt, dass du vielleicht noch mal Blut brauchen wirst und ich dir dann was geben kann.“ erklärte sie und hob ihr Handgelenk bereits ein wenig an.

Brahves Augen weiteten sich, seine Sinne spielten verrückt. Sie bot sich ihm freiwillig an. Immer wieder schoss ihm dieser Gedanke durch den Kopf und benebelte seine Sinne nur noch mal sehr. Er wusste, dass das nicht von den Medikamenten kam, die er zweifellos noch immer in seinem Körper hatte.
Ihm war nicht mal bewusst geworden, dass seine Fänge sich vor Verlangen nach Blut und danach, sie spüren zu können und sei es auch nur ihre weiche Haut an ihrem Handgelenk, verlängert hatten.
Erst, als Kristin sagte: „Okay, du brauchst Blut.“ wurde es ihm bewusst und er versuchte, die Fänge hinter seine Lippen zu schieben, was allerdings nicht wirklich möglich war. „Brahve... bitte. Ich will nicht, dass es dir schlecht geht.“
Diese Worte waren es, die seinen leichten Widerstand dagegen brachen. Die Worte und der Gedanke an ihr süßes Blut. Er nahm ihr Handgelenk zwischen seine Hände, führte es an seine Lippen, küsste kurz ganz leicht ihre Haut mit seinen Lippen und biss dann so vorsichtig, wie es ihm jetzt, wo sein Blutdurst so stark war, dass er ohnehin kaum anders konnte, möglich war, zu.
Kristin schrie ganz kurz leise auf, aber dann verschwand der Schmerz, wich einem merkwürdigen Gefühl, dass sich in ihrem ganzen Körper auszubreiten schien. Es schien sie seltsamerweise zu erregen, dass er von ihr trank, auch wenn sie das nicht so recht verstehen oder einordnen konnte. Sie schob es außerdem so weit wie möglich nach hinten. Immerhin war Brahve noch immer krank und geschwächt.
Brahve musste sich zusammen nehmen, konnte spüren, dass der Blutrausch ihn zu überwältigen schien. Ihr Blut schmeckte besser als alles, was er gekostet hatte und diesmal konnte er es viel bewusster trinken als beim ersten Mal, als er von ihr getrunken hatte. Immerhin war er da halb bewusstlos gewesen. Ihr Blut, in der Mischung mit dem leichten Duft ihrer Erregung brachte sein eigenes Blut zum Kochen und er spürte deutlich wie kurz davor er war, seine Kontrolle zu verlieren. Er dachte daran, wie Kristin in mit Ravena zusammen gesehen hatte, wie geschockt gewesen war und nur, weil er niemals wieder diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht sehen wollte, riss er sich zusammen, kämpfte die ganze Zeit dagegen an, während er von ihrem süßlichen Blut saugte und jeden noch so kleinen Schluck davon genoss. Er konnte fühlen, wie sein Körper davon stärker wurde und wie sich auch langsam diese bleierne Müdigkeit seiner Knochen legten. Seine Brust fühlte sich nicht mehr so schwer an und die Wunden brannten weniger.
Als er von ihr abließ, leckte er über ihre Wunde um diese zu verschließen und küsste wieder die Stelle, an der er von ihr getrunken hatte. „Danke.“ flüsterte er. „Es geht mir viel besser.“ Wie hat er mit sich hatte ringen müssen um die Kontrolle zu behalten, musste sie nicht wissen.
Kristin war fast ein wenig enttäuscht, als Brahve sich von ihr löste und offenbar fertig war. Sie nickte, fühlte sich noch immer ein wenig erregt, aber schaffte es, leicht zu lächeln. „Das... hoffe ich.“ sagte sie. „Und ähm... jederzeit wieder.“ Und das meinte sie auch genau so, träumte eigentlich davon, dass er von ihrem Hals trinken würde, auch wenn sie nicht wusste, woher diese Bilder plötzlich kamen.

Montag, 21. Mai 2012

Chapter 31


Ganz zart fuhren Blays Finger die Buchstaben in der alten Sprache nach, die in die Haut von Qhuinns nacktem Rücken gebrannt waren. Manchmal konnte er noch immer nicht wirklich fassen, dass es sein Name war, den Qhuinn jetzt schon seit einigen Jahren auf seinem Körper trug. Ihre Vereinigung sah er noch immer vor sich, als wäre es gestern gewesen. Sie waren einen wirklich schweren und harten Weg bis dahin gegangen, hatten sich gegenseitig was so sehr verletzt, dass sie komplett daran zerbrochen waren, aber im Endeffekt hatte es sie noch enger zusammen gebracht, hatte es alles zu diesem emotionalsten Tag ihres bisherigen Lebens geführt. Qhuinn in seine außergewöhnlichen Augen zu sehen, die feucht schimmerten, obwohl Qhuinn darauf bestand, dass er nie weinte, war das schönste überhaupt für ihn gewesen.
Blay hatte darauf bestanden, dass er Qhuinns Namen ebenfalls auf dem Rücken tragen wollte. Am Anfang war er immer wieder gegen Qhuinns Dickkopf angerannt, aber in diesem Punkt war er hartnäckig gewesen und er wusste, dass Qhuinn es mittlerweile mochte, dass er seinen Namen mit Stolz auf dem Rücken trug. Wie viele Male hatte er ihn dort schon berührt, war die Schnörkel der Schrift mit seiner Zunge nach gefahren...
Lächelnd schüttelte Blay den Kopf. Er neigte dazu sich in Träumen und Erinnerungen zu verlieren, selbst wenn sein Hellren direkt neben ihm im Bett lag und er seinen starken, männlichen Geruch wahrnehmen konnte.
Im Moment war Blay einfach erleichtert darüber, dass Qhuinn endlich eingeschlafen hatte. Dennoch berührte er ihn auch jetzt noch leicht am Rücken, in der Hoffnung, Qhuinn würde wissen, dass er bei ihm war. Es hatte einen ganzen Moment gedauert, bis er ihn wirklich beruhigt hatte nach dem was an diesem Haus passiert war. Zu gut wusste Blay, was Qhuinns einzige Schwachstelle war und wie schlimm es für ihn gewesen war, was er gesehen hatte.
Erst als er sich sicher war, dass Qhuinn nicht sofort wieder wach werden würde, schlang Blay seinen Arm fest um seinen Hellren und schloß ebenfalls die Augen um zu schlafen.

Grelles Licht blendete Qhuinn. Er hatte keine Ahnung, wo er war, nur dass seine Augen schmerzten. Alles, was er wusste war, dass er Blay finden musste. Seine Brust schmerzte, als wäre ihm sein Herz aus diesem gerissen worden. Mit seinen Händen tastete er über die Haut an seiner Brust und stellte fest, dass da nichts war. Keine Haut mehr. Er starrte an sich runter und riss die Augen auf. Ein Loch in der Größe seines Herzens klaffte genau an der Stelle hinter der normalerweise sein Herz saß.
Blay.“ Kein Ton kam über seine Lippen, nur ein leises, gequältes Stöhnen. Blay musste hier irgendwo sein. Er war doch mit ihm zusammen unterwegs gewesen, hatte sich immer dicht in seiner Nähe gehalten.
Suchend irrte er hin und her, eine Hand auf seine Brust gepresst. Er stöhnte auf, als er Blay endlich entdecken konnte. Aber irgendetwas war anders. Der Gesichtsausdruck passte nicht zu dem hübschen Gesicht, das immer voller Wärme war, wenn Blay ihn ansah. Stattdessen lag in diesem Ausdruck ein stummer Vorwurf, bei dem Qhuinn das Gefühl hatte, er würde ihm gleich ein weiteres Loch in die Brust reissen.
Blay.“ versuchte er es noch mal.
Das Gesicht von Blay wirkte seltsam verzerrt und erst jetzt fiel Qhuinn die tiefe Wunde auf, die Blay in der Brust hatte. „Du hast es nicht geschafft. Du warst zu spät. Du hast mich im Stich gelassen.“ sagte Blay, mit befremdlich wirkender Stimme, die Qhuinn das Herz zerriss. Und erst recht die Worte, deren Sinn Qhuinn erst dann wieder bewusst wurden, als er wieder aus diesem hellen Licht gerissen wurde und sich stattdessen im Dunklen in irgendeiner Gasse wieder fand, auf dem Boden kniend, seine Hände über Blays Körper, über der tödlichen Wunde in dessen Brust.
Er hatte es wirklich nicht geschafft. Er hatte es zu gelassen, dass Blay getroffen wurde, war nicht schnell gewesen. Er hatte versagt, hatte Blay verloren. Für immer.

Der Schrei, der in seiner Kehle aufstieg, war so laut und schmerzzerreissend, dass davon vermutlich das halbe Anwesen wach wurde. Schweißgebadet und zitternd, mit panisch aufgerissenen Augen setzte Qhuinn sich im Bett auf.
Blay war sofort wach geworden und sah nun besorgt zu seinem Hellren, berührte dessen Schulter. „Hey, was ist denn los?“ fragte er vorsichtig.
Ruckartig drehte Qhuinn sich zu ihm um. „Es tut mir leid, Blay. Es tut mir leid.“ wiederholte er wieder und wieder und sein Blick wanderte suchend über Blays Körper, als erwartete er, Verletzungen an diesem zu finden.
Qhuinn, hör auf! Was tut dir leid? Was ist denn passiert?“
Langsam ließ Qhuinn sich nach vorne sinken, so dass er seinen Kopf an Blays Brust lehnen konnte. Seine Hand legte er daneben, so dass er den Herzschlag seines Hellrens spüren konnte. „Du warst tot, verdammte Scheiße. Du warst tot. Und wütend auf mich, weil ich versagt habe!“ murmelte Qhuinn.
Qhuinn...“ Blays Hand glitt in Qhuinns wild abstehenden Haare, streichelte durch diese und drückte ihn auch gleichzeitig noch enger an sich. „Ich bin weder tot, noch wütend auf dich, okay? Du hast nicht versagt. Und es geht mir gut. Es war alles nur ein Traum!“ redete er leise auf ihn ein.
Aber es war so echt.“
Es war aber nur ein Traum. Mir geht es gut. Wirklich.“ Blay hielt ihn weiterhin fest und überlegte, was er tun sollte, um Qhuinn endlich von diesen Gedanken wegzubringen. Er wusste, dass diese Träume in den nächsten Wochen noch öfters kommen würden und er nicht einen Schritt von seiner Seite weichen würde, wenn sie zusammen nach draußen gehen würden. „Vielleicht sollten wir eine Pause machen.“
Qhuinn hob seinen Kopf und sah ihn mit seinen verschieden farbigen Augen an. „Was? Blay, ich kann kämpfen!“
Das weiß ich doch. Ich will nur nicht, dass du dich so fertig machst. Ich kann es nicht ertragen, dich so zu sehen. Du weißt doch, wo das endet und wo uns das hinführt. Wir könnten uns eine Weile nur auf das Training konzentrieren.“
Du weißt, ich hasse es, wenn ich schwach bin.“
Blay legte eine Hand unter sein Kinn und hob den Kopf so, dass Qhuinn ihn wieder ansehen musste. „Du bist nicht schwach. Ich würde nie denken, dass du schwach bist.“ sagte er ernst. „Und, ich würde es ja gar nicht mal so schlecht finden, wenn wir etwas mehr von der Nacht für uns hätten.“ grinste er.
Es dauerte einen Moment bis die letzten Worten Qhuinn ebenfalls zum Grinsen brachten. „Du hast dir das genau überlegt, hm? Und weißt genau, was du sagen musst, damit ich nachgebe.“ sagte er kopfschüttelnd.
Und dafür liebst du mich!“
Hmmm... auch, ja.“ murmelte Qhuinn. „Blay, ich brauche dich jetzt. Lass mich in dir sein, bitte.“
Blay presste seine Lippen auf Qhuinns und rollte sich dann auf den Bauch, hob sein Becken an und rieb sich an Qhuinn. „Dann... lass mich nicht darauf warten.“
Stöhnend ließ Qhuinn sich auf seinen Hellren sinken, vergrub sich in diesem, verlor sich in diesem Moment und vergass alles andere. Nur noch die Lust, die es ihm bereitete, die Wärme die es ihm gab, zählte. Er zog Blay ein wenig hoch und versenkte seine Fänge in dessen Hals, wollte jetzt auch auf diese Weise mit ihm verbunden sein und ließ sich von der Lust einfach tragen.


Wie geht es dir? War Brahve... gut zu dir?“ war es schließlich Rhages Frage, die das Schweigen brach.
Ja. Er... er hat mir geholfen. Er hat mir sein Blut gegeben.“ sagte Kristin leise und errötete leicht, wenn sie daran dachte, was er ihr sonst noch gegeben hatte. Das konnte sie wohl kaum ihrem Vater gegenüber so aussprechen, wo sie sich ohnehin schon nicht so sicher war, wie Rhage dazu stand, dass es Brahve war, der ihr durch die Transition geholfen hatte.
Rhage schwieg einen Moment lang. Brahve hatte mit Sicherheit nicht alles richtig gemacht. Aber er stammte von einer der besten und reinsten Blutlinie ab, die es gab und sein Blut war vermutlich sehr stark. Außerdem war er, trotz allen Differenzen, ihr Thronfolger. Und er hatte gerade sein Leben riskiert um einen ihrer Brüder zu retten. Als konnte er kaum etwas schlechtes über ihn sagen. Zu mal seine Tochter sich zu einer prächtigen Vampirin entwickelt hatte und das hatte er Brahve zu verdanken.
Ich bin froh, dass er bei dir war.“ sagte er deswegen auch ehrlich.
Vishous räusperte sich leicht. Er stand in der Tür des Krankenzimmers und hatte einen Moment gewartet bis er sich bemerkbar machte, wollte die Szene zwischen Rhage, Mary und Kristin nicht wirklich stören. Dafür wusste er zu sehr, wie sehr Rhage darunter gelitten hatte, dass seine Tochter weggelaufen war und er nicht wusste, wo sie war, wann er sie wiedersehen würde, wie es ihr ging.
Wie geht es Brahve?“ fragte Rhage, als er sich zu Vishous umdrehte und Kristin klammerte sich an ihrer Mutter fest, als sie auf die Antwort wartete.
Jane konnte die Kugel entfernen. Millimeter weiter und sie hätte nichts mehr tun können. Er... braucht Blut.“ antwortete Vishous ruhig und sachlich.
Ich rufe eine Auserwählte. Sie sollen Ravena schicken, von der hat er sich bisher auch immer genährt und...“
Ich kann ihm Blut geben.“ unterbrach Kristin ihren Vater, konnte sich nicht dagegen wehren, dass sie nicht wollte, dass Brahve von jemand anderem Blut bekam.
Aber Schatz, das ist schon okay. Die Auserwählten sind dazu ausgebildet und ihr Blut ist sehr rein. Du musst das nicht tun!“ gab Rhage zu bedenken.
Kristin schüttelte den Kopf. „Dad, ich will das aber für ihn tun. Er hat mir sein Blut gegeben und mich damit gerettet. Jetzt will ich das gleiche auch für ihn tun. Außerdem bin ich hier, ich kann es ihm sofort geben. Wir müssen nicht erst auf die Auserwähte warten.“
Hollywood, ich sags ja nur ungerne, aber deine Kleine hat recht. Um so schneller er das Blut bekommt, um so besser für Brahve.“ meldete sich Vishous wieder zu Wort.
Rhage sah zu seiner Frau. In seinem Blick stand deutlich die Sorge um Kristin, gerade jetzt, wo sie gerade erst wieder zurück war. Mary nickte leicht. Sie wollte auf keinen Fall, dass Kristin vielleicht noch mal wieder weg rannte und dass es ihrer Tochter sehr wichtig war, konnte sie ihr ansehen.
Okay, dann machen wir das so. Aber ich will dabei sein. Einfach nur um zu sehen, dass alles glatt läuft.“ bestand Rhage darauf.
Das lässt sich machen. Dann lasst uns los legen.“ Vishous drehte sich um und betrat schon mal das Krankenzimmer.

Während Rhage am Kopfende des Bettes Stellung bezog um alles genau im Auge halten zu können, stellte Mary sich neben Beth, die ihren Sohn nicht einen Moment lang alleine lassen wollte.
Er wird es schaffen, Beth.“ sagte sie leise.
Beth hob ihren Kopf und ihre Augen blitzten wütend auf. „Wenn ihr vielleicht mal mit eurer Tochter geredet hättet, ihr vielleicht mal die Wahrheit gesagt hättet, dann wäre das alles nie passiert. Dann wäre Brahve hier geblieben und es würde ihm gut gehen!“ antwortete sie böse.
Erschrocken wich Mary einen Schritt zurück. Mit so einer Reaktion von Beth hatte sie nicht wirklich gerechnet. „Du weißt, dass das nicht wahr ist.“ murmelte sie.
Mein Sohn liegt im Sterben, weil er unbedingt zu deiner Tochter wollte. Also solltest du vielleicht lieber gehen.“
Jane trat zu den beiden Frauen und sah sie ernst an. „Ich glaube nicht, dass das der richtige Ort und der richtige Zeitpunkt dafür um zu streiten. Wir wissen auch alle, dass Beth das nicht so meint, was sie gesagt hat.“ Bevor Beth darauf etwas erwidern konnte, sprach Jane auch schon weiter. „Und außerdem denke ich, dass eure Kinder die Entscheidung sowieso bereits getroffen haben.“ sagte sie und deutete zum Bett.
Sowohl Mary als auch Beth wurden nun ruhig, als sie die beiden beobachteten.
Zunächst war Kristin unsicher gewesen, was sie tun sollte. Ihre vampirische Seite war noch so neu, dass sie noch nicht so recht damit umzugehen wusste. Was sie jedoch wusste war, dass sie Brahve unbedingt helfen wollte. Dass er sie brauchte.
Und so war ihr die Entschlossenheit doch anzusehen, als sie ihr Handgelenk an ihre Lippen hob und ihre Fänge durch ihre Haut bohrte. Nur kurz spürte sie Schmerz, der aber gleich wieder verflog. Sie hielt ihre Hand an Brahves Lippen, hoffte, dass er noch so viel Kraft in sich hatte, dass seine Instinkte die Führung übernehmen würden und er von ihr trinken würde.
Die nächste Minute war die längste ihres Lebens. Und als sie dann ein ganz leichtes Saugen spüren konnte, nachdem sie die Wunde an ihrem Handgelenk noch etwas mehr gegen Brahves Lippen gepresst hatte, hätte sie am liebsten Tränen der Erleichterung vergossen.
Sie spürte die Hand ihres Vaters auf ihrer Schulter, die sie auf den Stuhl neben dem Bett drückte, damit es für sie bequemer war, Brahve zu nähren.
Ihre freie Hand glitt in seine langen Haare, durch die sie ihm zärtlich streichelte. „Ich bin bei dir, Brahve. Trink weiter. Nimm dir, was du brauchst.“ flüsterte sie leise und als Brahve fertig mit trinken zu sein schien, ließ sie ihren Kopf neben Brahves auf das Bett sinken, schloß ihre Augen und schlang einen Arm um ihn. „Ich bin hier.“ wiederholte sie wieder.

Nur wenig drang durch die Dunkelheit hindurch zu Brahve durch. Schmerzen verspürte er keine. Nur eine seltsame innere Ruhe. Er konnte den kostbarsten, wunderbarsten Geschmack auf seinen Lippen spüren, den er je in seinem Leben hatte kosten dürfen. Und er konnte spüren, wie er damit das Leben aufnahm. Er wollte mehr davon, wollte, dass diese Quelle niemals versiegelt werden würde. Und er konnte ihre Stimme hören, wusste, dass er nicht alleine war und sein Körper beruhigte sich.
Langsam öffnete er seine Augen, konnte sich zwar kaum bewegen, aber schon eine Hand in Kristins Haare. Er konnte kaum glauben, dass sie ihm dieses kostbarste aller Geschenke gemacht hatte, dass sie ihm von ihrem Blut gegeben hatte. Gleichzeitig jedoch nahm er an, dass sie es getan hatte, weil er ihr mit seinem Blut das Leben gerettet hatte und sie ihm deswegen nun mit ihrem ebenfalls das Leben retten wollte. Rein medizinische Gründe. Dennoch änderte es nichts daran, dass er sich ihr gegenüber nun noch mehr verbunden fühlte. Jetzt, wo es ihr Blut war, das durch seine Venen strömte und seinem Körper Kraft zurück gab.
Brahve.“ hörte er seine Mutter sagen, als diese bemerkt hatte, dass er wach war. Brahve und Kristin zusammen zu sehen, hatte wirklich gereicht um ihre Vorwürfe Mary gegenüber verstummen zu lassen und sie wusste, dass sie sich später für diese entschuldigen würden müsste. Jetzt jedoch trat sie an das Bett ihres Sohnes, beugte sich zu ihm und küsste ihm auf die Stirn. „Wie fühlst du dich?“
Wie... geht... es... Blay?“ fragte er stockend, sich wohl darüber bewusst, was passiert war, bevor ihn der Schuss getroffen hatte.
Blay geht es gut. Es geht allen anderen, die dabei waren gut, mein Baby.“ antwortete Beth und schluckte schwer, berührt, dass ihr Sohn sich mehr Sorgen um die anderen machte als um sich selber.
Es beruhigte Brahve ein wenig zu hören, dass niemand sonst zu schaden gekommen war und er ließ es zu, dass ihn dieser angenehme Nebel wieder einnahm. Auf seinen Lippen und auf seiner Zunge spürte er noch immer diesen wundervollen Geschmack ihres Blutes. Süßlich, weiblich und doch so stark. In jeder Faser seines Körpers konnte er es spüren, konnte er sie spüren und musste lächeln obwohl er kurz vor der Schwelle zur Bewusstlosigkeit stand. Ein leichter Geruch nach dunklen Gewürzen breitete sich im Zimmer aus.

Rhage wurde ein wenig blass. Zu gut wusste er, was das für ein Geruch war und was dieser bedeutete. Er sah zu seiner unschuldigen Tochter, die an Brahve gekuschelt auf dem Bett lag. Es würde vermutlich noch einen Moment dauern, bis er sich an diesen Gedanken gewöhnt hatte, aber er hatte das Gefühl, dass sein Mädchen an Brahves Seite glücklich war. Vielleicht sollte es so sein. Vielleicht waren die beiden füreinander bestimmt. Brahve jedenfalls schien sich bereits entschieden zu haben. Ob nun bewusst oder unbewusst.
Vishous grinste ihn Rhages Richtung. Natürlich wusste auch er, was hier vor ging. „Das ist ein harter Schlag, Hollywood, hm?“
Halt die Klappe, V.“ zischte er nur.
Wir sollten sie jetzt alle alleine lassen. Brahve braucht Ruhe. Kristin kann bleiben. Alleine schon falls er noch mal Blut brauchen sollte.“ mischte Jane sich ein. „Außerdem scheint er ihre Nähe zu brauchen. Natürlich kannst du später wieder zu ihm, Beth. Jederzeit. Wrath auch.“ versicherte sie.
Kristin war müde. Die Stimmen um sie herum nahm sie kaum war. Nur, dass sie bei Brahve bleiben durfte. Ohnehin wäre sie hier nicht weggegangen. Brahves Mutter beugte sich noch mal zu ihm und küsste ihm sanft auf die Wange, sagte, dass sie später wieder da sein würde.
So recht hatte sie noch nicht verarbeitet, was alles in den letzten Stunden passiert war. Dass sie wieder zu Hause war. Bei ihren Eltern. Dass ihre Eltern sie umarmt hatten. Natürlich war noch nicht alles zwischen ihnen geklärt, aber es beruhigte sie zu wissen, dass sie noch immer ihre Tochter war, dass sie hier noch immer ein zu Hause hatte.
Und Brahve... Brahve schlief ruhig neben ihr. Ihr Blut hatte ihm geholfen. Etwas anderes hätte sie auch nicht zu gelassen. Und niemals hätte sie es ertragen, wenn man ihn ihr weg genommen hätte. Ein Teil in ihr wäre mit ihm gegangen.
Das war ihr letzter Gedanke, bevor ihr Körper sich den dringend gebrauchten Schlaf holte.

Dienstag, 15. Mai 2012

Chapter 30


BLAY!“ schrie Qhuinn. Seinem Gesicht fehlte jegliche Farbe, als er auf seinen Hellren zu lief. Blay tötete seinen Gegner und drehte sich zu Qhuinn um, der ihm mit so viel Schwung umarmte, dass sie beide zusammen zu Boden gingen, aber das kümmerte Qhuinn nicht wirklich. Er musste Blay anfassen, musste sicher gehen, dass dieser Schuß ihn wirklich nicht getroffen hatte und dass Blay ihn nicht verlassen hatte. Er presste seine Lippen auf Blays, wollte in diesem Kuss ertrinken, in der Wärme von Blays Körper.
Qhuinn, hey, ich... es ist schon gut, okay?“ murmelte Blay und legte Qhuinn eine Hand an die Wange.
Ist es nicht. Ich dachte gerade mein Leben ist vorbei.“ Qhuinns Stimme klang zittrig und brüchig.
Baby, der Schuß hätte aber nicht dich getroffen. Sondern mich.“
Das ist es ja gerade. Was hätte ich bitte ohne dich hier machen sollen? Ich wäre dir in den Schleier gefolgt.“
Hör auf so was zu sagen. Es ist alles gut.“ wiederholte Blay noch einmal und presste seine Lippen fest auf Qhuinns.
Ich hätte es nicht geschafft, dich zu retten.“ murmelte Qhuinn, als er sich wieder von Blay löste. Das war es, was ihn am meisten beschäftigte. Er hatte versagt...
Wenn Brahve nicht gewesen wäre, dann... Scheiße! Brahve!“ fiel es ihm dann ein und er setzte sich ein wenig auf. In seiner Sorge um Blay hatte er alles andere um sie herum völlig vergessen. Auch die Tatsache, dass Brahve den Schuß, der für Blay gedacht gewesen war, abgefangen hatte.
Jetzt jedoch kam Bewegung in ihn und er rannte zu Vishous, der auf dem Boden neben dem leblos wirkenden Körper von Brahve kniete.

Wie schlimm ist es?“ richtete er sich fragend an V, drehte sich so, dass er Blay nicht aus den Augen ließ. Jetzt war seine Angst wieder da, dass er hilflos mit ansehen musste, wie Blay getötet wurde. Und er wusste, dass ihn das in seinen Träumen heim suchen würde. Blay stand ebenfalls auf und stellte sich hinter Qhuinn. Er wusste, dass der ihn nun in seiner Nähe brauchen würde.
Es sieht nicht gut aus. Glatter Durchschuß. In die Brust. Ich hab Jane schon Bescheid gesagt, dass wir ihn bringen werden. So eine ähnliche Verletzung hatte ich auch, also wenn es jemanden gibt, der ihn retten kann, dann ist es Jane.“ antwortete Vishous.
Einen habe ich noch erwischt, die Luft ist jetzt aber rein.“ sagte Phury, der nun ebenfalls zu ihnen trat.
Qhuinn kniete sich nun auf den Boden, legte eine Hand auf Brahves Arm. „Brahve, hör zu, du wirst mir jetzt nicht sterben. Du hast Blay das Leben gerettet und dafür werde ich dir ewig dankbar sein. Also stirb mir jetzt nicht weg, klar?“ sagte er leise zu ihm, seine Stimme noch immer voller Emotionen.
Kristin hatte so lange im Zimmer ausgeharrt, bis wirklich alles ruhig geworden war. Noch immer war weder Brahve noch einer der Anderen zu ihr gekommen um ihr zu sagen, dass alles okay war und sie raus kommen konnte. Obwohl sie Angst hatte, umklammerte sie ihre Waffe nun fester, zog sich an der Kommode hoch und rannte zur Tür. Im Haus herrschte schon fast beängstigende Stille und sie wollte nur noch raus. Und vor allem... Brahve finden.

NEIN!“ zerriss ein schriller Schrei die Stille, die nach dem Kampf eingetreten war. Alle vier Männer drehten sich zum Haus und und sahen Kristin in der Tür stehen, die Hand vor den Mund gepresst, die Augen geweitet, als sie zu ihnen rüber starrte.
Blay lief zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Hey, sieh nicht hin, okay?“ sagte er und versuchte sie ein wenig mit sich in eine andere Richtung zu drehen.
NEIN, lass mich. Lass mich zu ihm“ schrie sie und wehrte sich gegen Blays Griff, der allerdings dann locker ließ. Ihm wurde gerade nur noch mal so richtig bewusst, dass eigentlich er auf dem Boden liegen sollte und er hätte es gerne gehabt, wenn Qhuinn an seiner Seite gewesen wäre. Und Brahve verdiente jetzt alle Unterstützung, die er bekommen konnte und wenn Kristin ihm gut tun sollte, dann würde er ihm nicht verweigen, dass sie bei ihm war.
Kaum, dass Blay sie los gelassen hatte, rannte Kristin zu Brahve, kniete sich zu ihm auf den Boden. „Brahve! Brahve, du darfst nicht gehen. Lass mich nicht alleine. Du bist der Einzige, den ich noch habe. Bitte.“ flüsterte sie und presste ihm einen Kuss auf die Lippen.
Die vier Männer um sie herum sahen sich ein wenig betroffen an. Ihnen war nicht bewusst gewesen, wie tief die Bindung der Beiden wohl war. „Sie ist durch ihre Wandlung gegangen.“ stellte V leise fest. „Und offenbar hat er ihr geholfen.“
Qhuinn schluckte schwer. Zu gut konnte er sich gerade vorstellen, wie Kristin sich jetzt fühlen musste. Er legte der jungen Vampirin eine Hand auf die Schulter. „Er wird es schaffen. Wir bringen ihn jetzt zu Jane. Sie hat V aus einer ähnlichen Situation gerettet. Kommst du mit?“ fragte er, nicht sicher ob sie mit zum Anwesen kommen wollte.
Einen kurzen Moment zögerte Kristin. Sie vermisste ihre Familie, ihr zu Hause. Aber eigentlich war sie noch nicht darauf vorbereitet, wieder dorthin zurück zu kenren. Als ihr Blick auf Brahve fiel, nickte sie allerdings. „Ja, ich bleibe bei ihm. Ich komme mit.“
Als Brahve von der Kugel getroffen war, hatte es sich angefühlt, als würde ihm die Brust aufgerissen werden. Immer wieder war er weg gedriftet, hatte sich seinen Schmerzen einfach hin gegeben. Er hatte Stimmen gehört, konnte aber deren Bedeutung nicht zu ordnen. Erst als er eine weibliche Stimme hörte, die sagte, dass sie bei ihm bleiben würde, wurde er ruhiger, erlaubte sich, einfach in die Schwärze um ihn herum fallen zu lassen, wusste, dass ihm nichts passieren würde.


Als die vier Brüder das Anwesen zusammen mit Kristin und dem verletzten Brahve erreichten, warteten nicht nur Jane und Ehlena in der Krankenstation auf sie, sondern auch ein äußerst besorgter Wrath und eine blass aussehende Beth.
Brahve.“ murmelte Beth und lief sofort zu ihrem Sohn, griff nach dessen Hand. „Brahve, mein Baby. Du musst... es schaffen.“ Tränen liefen über ihre Wange, als sie Phury, der Brahve trug, ins Krankenzimmer folgte, wo sie aber einen Moment später von Jane raus geschickt wurde, die gleich mit der Operation beginnen wollte. Trostsuchend drängte sie sich an ihren Hellren, der offenbar noch zu betroffen gewesen war, um etwas zu tun.
Was ist passiert?“ richtete Wrath sich jetzt fragend an die Brüder. Seine Stimme klang längst nicht so sicher und autoritär wie sonst.
Blay wäre fast gestorben!“ platzte es Qhuinn hervor. Seine Augen war fast schon panisch geöffnet und seine Unruhe für alle Anwesenden deutlich zu spüren.
Blay legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Qhuinn, ich bin hier. Es geht mir gut.“ sagte er und tat dann das Einzige, von dem er wusste, dass es Qhuinn immer beruhigen würde. Er presste seine Lippen auf die seines Hellrens und zog ihn eng an sich, hielt ihn in einer festen Umarmung, während er ihn küsste.
Wir... gehen besser nach oben.“ sagte Blay dann entschuldigend zu den anderen, wohl wissend, dass Qhuinn jetzt nicht in der Lage sein würde, zu berichten, was passiert war. Und er würde ihn ganz sicher jetzt nicht alleine lassen, wo er seine Nähe jetzt brauchte.
Vishous nickte den Beiden zu und drehte sich dann zu Wrath. „Ich will jetzt wissen, was passiert ist.“ wiederholte er, während er versuchte, Beth so gut wie möglich festzuhalten.

Brahve hat einen Notruf abgegeben, dass in dem Haus, wo er mit Kristin war, wohl ein Lesserquartier war. Daraufhin sind Qhuinn, Blay, Phury und ich sofort dahin. Offenbar waren die Lesser gut abgesichert, weil wir sofort beschossen worden sind, als wir dort ankamen. Ich hab den Typen auf dem Dach ausgeschaltet und bin dann von oben ins Haus. Drinnen bin ich auf Brahve getroffen und hab mich mit ihm zusammen durch das Treppenhaus nach unten vorgearbeitet.“ An der Stelle erwähnte Vishous nichts davon, dass er Brahve für einen hevorragenden Krieger hielt, so wie dieser sich in der Situation verhalten hatte. „In der Zwischenzeit wollten Qhuinn und Blay von Unten ins Haus, wurden da aber gleich von einigen Lessern angegriffen. Sie hatten die Situation im Prinzip im Griff. Allerdings hat sich einer dieser Schweine im Dunklen im Treppenhaus versteckt. Mit einem Maschinengewehr. Als Brahve ihn entdeckt hat, war ihm offenbar klar, dass er auf Blay zielte und der Schuss ihn tötlich treffen würde. Ihm blieb keine Zeit um es anders zu verhindern, außer sich in die Schusslinie zu werfen.“ beendete Vishous seine Schilderung.
Wrath wurde von den unterschiedlichsten Emotionen durchflutet. Er fühlte einen nie da gewesenen Stolz auf seinen Sohn, als ihm bewusst wurde, dass er einem Krieger das Leben gerettet hatte ohne an sein Eigenes zu denken. Er fühlte aber auch Angst und Schmerz, seinen Sohn vielleicht jetzt zu verlieren.
Ich will nur mein Baby zurück.“ schluchzte Beth und Wrath presste ihr seine Lippen auf die Stirn. „Er wird es schaffen. Er ist ein Kämpfer.“ sagte er leise. Offenbar war er das wirklich, wie er heute bewiesen hatte. Und er betete innerlich zur Jungfrau, dass sie ihm seinen Sohn nicht nehmen würde, bevor er ihm nicht ein mal gesagt hatte, dass er stolz auf ihn war und ihn liebte.
Jane wird es schaffen. Sie hat es bei mir auch geschafft und es ist fast die gleiche Verletzung.“ sagte V in die Stille hinein.


Kristin hatte noch kein Wort gesprochen, seitdem sie das Anwesen erreicht hatten. Zuerst war es ihre Sorge um Brahve gewesen und die nahm ihr auch noch immer den Atem. Immerhin war er ein Teil von ihr und wenn er ihr genommen würde, würde es nichts und niemanden geben, der diese Lücke wieder füllen könnte.
Sie hatte sich in eine Ecke zurück gezogen, sah niemanden an und versuchte auch nicht, mit jemandem zu sprechen, war sich nicht mehr sicher, ob man sie hier überhaupt noch haben wollte, hatte Angst, dass man sie von hier weg schicken würde, sie nicht bei Brahve lassen würde. Sie schämte sich dafür, dass sie weg gelaufen war und fühlte sich schuldig an dem, was jetzt alles passiert war.
Sie hatte ihre Knie angezogen, ihre Arme um diese geschlungen und ihren Kopf auf die Knie gestützt. Sie verfolgte nicht wirklich, was um sie herum gesprochen wurde und wenn sie Brahve nicht nicht alleine lassen gewollt hätte, hätte sie sich in ein noch tieferes Loch verzogen, weg von dem allen hier. Sie wusste nicht, was sie erwartet hatte, wenn sie wieder hier her kommen würde, aber ein wenig hatte sie innerlich an der Vorstellung festgehalten, dass es immer noch ihr zu Hause sein würde. Trotz allem was passiert war, war es immerhin das einzige zu Hause, was sie je gehabt hatte.
Kristin... Baby...“ hörte sie eine Stimme, die sofort ihren Kopf leicht anheben ließ. Eine Stimme, die ihr ganzes Leben lang dafür gesorgt hatte, dass sie sich besser fühlte, dass sie sich sicher fühlte.
Rhage stand einige Schritte von ihr entfernt und schien sich nicht sicher zu sein, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Und da war er nicht alleine mit, sie wusste es ebenfalls nicht.
Seine Miene spiegelte Angst, Sorgen, Wärme, Liebe... alles in einer Mischung, die Kristin mitten ins Herz traf.

Und dann gab es für sie kein Halten mehr. Sie sprang auf, rannte auf ihn zu und fiel ihm dann um den Hals. „Daddy.“ weinte sie an seiner Schulter, vergrub ihr Gesicht in seinem Shirt und klammerte sich fest an ihn. Zu viel Angst hatte sie ihn den letzten Stunden ausgestanden und zu alleine hatte sie sich damit gefühlt, als dass sie jetzt noch daran denken konnte, dass sie noch immer wütend auf ihren Vater war, weil er ihr nicht die Wahrheit über ihre Herkunft gesagt hatte.
Der starke Körper des Kriegers zitterte, als er seine Tochter in die Arme nahm, sie langsam hin und her wiegte, wie er es mit ihr als kleines Kind schon immer getan hatte, wenn sie geweint hatte. Seine blauen Augen schimmerten feucht und mit einer seiner großen, starken Hände streichelte er über den Rücken seiner Tochter.
Minutenlang standen sie einfach nur so da. Keiner von ihnen sagte ein Wort und es schien so, als müssten sie sich gegenseitig Halt geben. Halt, den sie dringend brauchten. Viel mehr, als sie es geahnt hatten.
Irgendwann hob Kristin ihren Kopf leicht an um ihren Vater ansehen zu können. „Daddy, darf ich... hier bleiben?“
Fassungslos schüttelte Rhage seinen Kopf. „Ich wusste nicht, wie viel ich als Vater anscheinend falsch gemacht habe. Natürlich darfst du hier bleiben. Du kannst jederzeit hier hin zurück kommen. Es ist dein zu Hause, das wird es auch immer sein.“ sagte er, seine Stimme ein wenig heiser.
Ich... ich wusste nicht ob das noch immer so ist. Bin ich denn... noch deine... Tochter?“
Rhage presste sie eng an seinen noch immer zitternden Körper. „Natürlich bist du noch immer meine Tochter, Baby. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Sorgen. Ich habe gehofft, dass du wieder zurück kommen wirst. Und jetzt... jetzt ist meine Tochter... mein kleines Mädchen... eine wunderschöne, junge Vampirin.“ Erfürchtig streichelte Rhage über die tränennasse Wange seiner Tochter. „Viel wichtiger... bin ich denn noch dein Vater?“ wollte er wissen.
Kristin nickte, fühlte sich jetzt wieder viel mehr wie ein kleines Mädchen. „Ja, das bist du, Daddy.“ flüsterte sie.
Rhage küsste ihr auf die Stirn und drückte sie wieder an sich. „Über alles andere reden wir später noch.“
Mary stand etwas abseits von dieser Szene. Sie fühlte sich daran erinnert, als sie zum ersten Mal Rhage mit seiner Tochter auf dem Arm gesehen hatte. Da hatte sie sich aus aus diesem Bild ausgeschlossen gefühlt und so ging es ihr auch jetzt. Sie hatte Angst da zu zu gehen, Angst, vor Zurückweisung. Und auch ein wenig Angst davor, Kristin gleich wieder zu vertreiben. Vor allem, weil sie zu sehr spüren konnte, wie erleichtert Rhage darüber war, seine Tochter endlich wieder bei sich zu haben.

Als Kristin sich wieder leicht von Rhage löste und ihren Kopf leicht drehte, traf sich ihr Blick mit dem gequält wirkenden Blick von Mary. Rhage folgte Kristins Blick und biss die Lippen zusammen, hielt sogar den Atem leicht an.
Mom.“ flüsterte Kristin nach einem Moment, der allen dreien wie eine Ewigkeit vorgekommen war und streckte ihre Arme leicht in Marys Richtung aus.
Rhage lächelte leicht und auch er hielt einen Arm so, dass er für Mary Platz machen konnte. Mary presste einen Hand vor ihren Mund. Noch nie hatte es sich so angefühlt, sie Mom sagen zu hören. Sie unterdrückte ihr schluchzen und lief zu ihrer Familie, ließ sich gegen Rhages Schulter sinken und zog mit ihrem freien Arm ihre Tochter zu sich, so dass sie sich nun alle umarmt halten konnten.