Brahve war in einen
angenehmen, heilsamen Schlaf gefallen, kurz nachdem er von Kristin
getrunken hatte. Er wurde er erst wieder wach, als er wahrnahm, dass
sie nicht mehr alleine im Zimmer waren. Seine Sinne waren hellwach,
immer bereit, Kristin zu verteidigen.
„Hallo
Brahve.“
Brahve schluckte. Er
wusste nicht, was er von seinem Vater erwarten sollte. Immerhin waren
sie im Streit auseinander gegangen. Er hatte ihm gesagt, dass er auf
den Thron verzichten würde. Und jetzt war er wieder hier... Und
das, wo er vermutlich nachdem er so gegangen war, kein Recht mehr
dazu hatte.
„Ich
gehe, wenn es sein muss. Aber lasst Kristin hier bleiben.“ murmelte
er und setzte sich schon halb auf um seine Sachen zu suchen.
Eine Hand auf seine
Schulter hielt ihn auf. „Was tust du? Natürlich musst du nicht
gehen. Erst recht nicht, so lange du noch nicht wirklich wieder fit
bist.“ sagte Wrath ernst.
„Das
geht schon. Ich komme schon zurecht.“ murmelte Brahve leise.
„Ich
will aber gar nicht, dass zu gehst. Niemand hat gesagt, dass du nicht
hier bleiben sollst oder darfst.“
Brahve sah seinen
Vater ein wenig überrascht an, nickte dann aber schwach, war
eigentlich doch froh darüber, dass er nicht von hier weg musste.
Er wollte, dass Kristin hier bleiben konnte und von ihr weg zu gehen,
wäre mehr als schwer für ihn.
Kristin,
die zu vor ein wenig vor sich hin gedöst hatte, setzte sich
jetzt ebenfalls auf, sah zwischen Vater und Sohn hin und her. „Ich...
gehe mal nach oben. Ich komme später wieder, okay?“ sagte sie,
hatte das Gefühl, dass die Beiden ein wenig Zeit alleine
brauchten, um sich zu unterhalten.
Nur
sehr ungerne ließ Brahve sie los, aber er wusste, dass er wohl
wirklich mit seinem Vater alleine sprechen sollte. „Bis... später.“
sagte er leise.
Wrath
wartete bis Kristin weg war. Er wollte noch nichts davon sagen, dass
Brahve in die Bruderschaft aufgenommen werden sollte. Damit wollte er
wirklich warten, bis er fit genug für die Zeremonie war. Aber er
wusste, dass es an der Zeit war, sich endlich mit seinem Sohn
auszusprechen. „Ich hatte Angst dich zu verlieren.“ sprach er
etwas aus, was er nicht mehr länger zurück halten konnte.
Brahves
Augen weiteten sich. Das letzte Mal, dass er seinen Vater in so einem
Tonfall mit ihm hatte sprechen hören, war so lange her, dass er
sich kaum daran erinnern konnte, aber er vermutete, dass er da noch
ein Kind gewesen war. „Es tut mir leid. Ich wollte nicht so viel
Ärger machen.“ sagte er leise.
„Nein...
du hast keinen Grund dich zu entschuldigen. Ich dagegen schon. Ich
war viel zu hart zu dir. Sicher, ich habe immer nur das Beste für
dich gewollt, aber ich hab dir zu wenig gezeigt, dass du einfach nur
mein Sohn bist. Und du hast dich wirklich wie ein Mann von Wert
verhalten. Ich bin so stolz auf dich, Brahve. Und ich will, dass du
wieder hier bei uns lebst. Bitte. Deine Mutter vermisst dich. Und
ich...“ Wrath schluckte schwer. Selten war er so emotional wie
jetzt gerade und er fand es schlimm genug, was alles hatte passieren
müssen, dass er zu dieser Einsicht gekommen war. „... ich
vermisse dich auch.“
Wieder
war Brahve wirklich überrascht. Es berührte ihn wirklich,
was sein Vater sagte und er war sich zu vor nicht bewusst gewesen,
wie wichtig es für ihn war, so etwas von ihm zu hören.
Einmal nicht kritisiert zu werden. Gelobt zu werden... das Gefühl
zu haben, geliebt zu werden.
Wrath
war sich nicht sicher, wie er Brahves Schweigen deuten sollte und er
spürte deutlich, wie ihm die Angst den Nacken hochkroch, dass er
es mit seinem Sohn vielleicht wirklich schon zu sehr vermasselt
hatte. „Brahve... ich könnte verstehen, wenn du das jetzt
alles nicht mehr wissen willst, aber ich... ich meine das ernst. Es
tut mir leid, wie ich mich verhalten habe. Und das hier... das hier
ist von Vater zu Sohn, nicht von König zu Prinz, verstehst du?“
„Dad...“
murmelte Brahve. „Ich... mir tut es auch leid. Ich weiß, dass
es falsch von mir war, wie ich mich verhalten habe. Dass ich das
Training nicht ernst genommen habe. Ich wollte auch nicht sehen,
warum du das für so wichtig gehalten hast. Es ist mir erst
bewusst geworden, als ich Kristin fast verloren hätte. Ich...
hab heimlich angefangen zu trainieren. Payne, Qhuinn und Blay haben
mir dabei geholfen. Aber sei ihnen nicht böse, ich bin froh,
dass sie es getan haben. Ich habe viel von ihnen gelernt.“ sagte
er. „Als ich gegangen bin... ich weiß, dass ich da hart war,
aber da ging es in dem Fall nur um Kristin. Ich wollte nie ganz von
hier weg. Ich wollte nur, dass ihr akzeptiert, dass ich Kristin
helfen werde und dass du endlich verstehst, dass ich mich nicht als
Prinz sehe.“
Wrath
schmunzelte leicht. „Ich übersehe manchmal, wie ähnlich
du mir bist.“ sagte er leise. „Ich habe mich auch nie als Prinz
oder als König gesehen. Es hat lange genug gedauert bis ich in
diese Rolle gefunden habe. Also sollte ich wohl akzeptieren, dass du
das auch nicht kannst. Jedenfalls noch nicht. Du bist immerhin noch
jung.“ Er lächelte leicht. „Was Kristin angeht... ich bin
sehr zufrieden mit deiner Wahl, mein Sohn.“
Es
tat so gut zu hören, dass sein Vater es endlich akzeptierte.
Dass er ihn nicht mehr in diese Rolle zwingen wollte, die er nicht
haben wollte. „Danke, Dad.“ sagte er sehr leise, seufzte dann
aber. „Und Kristin... ich... ich weiß nicht, ob das eine so
gute Wahl ist.“
„Doch,
das ist sie. Und dass du deine Wahl bereits getroffen hast, ist nicht
zu übersehen.“
„Aber
sie... sie hat doch nicht mich gewählt.“ murmelte Brahve.
„Da
wäre ich mir nicht so sicher.“ grinste Wrath und genoss dieses
Gespräch, diesen Moment mehr als alles andere und als Brahve
sich aufsetze und ihn in eine etwas unsichere Umarmung zog, schlug
sein Herz wahnsinnig schnell vor Stolz und Liebe.
„Ich
bin stolz auf euch beide.“ Beide Männer schreckten auseinander
als sie eine Stimme von der Tür her hörten.
„Wie
lange stehst du schon da, Lielan?“ fragte Wrath leise.
Beth
lächelte, ihre Augen leicht feucht. „Lange genug um stolz auf
euch beide zu sein.“ antwortete sie und lief dann zu ihrer Familie,
legte einen Arm um ihren Hellren und küsste ihrem Sohn auf die
Stirn.
Als
Kristin ihr Zimmer betrat, hatte sie einerseits das Gefühl, nie
wirklich weg gewesen zu sein, aber auf der anderen Seite kam es ihr
so vor als wäre es Jahre her, eher so wie in ihrem alten Leben.
Gewissermaßen war das sogar auch wirklich so. Sie war jetzt
eine Vampirin. Unglaubwürdig fuhr sie sich über ihre
spitzen Zähne und lächelte leicht. Endlich brauchte sie
keine Angst mehr haben, dass es vielleicht stimmte, was alle sagten.
Dass sie sich nie wandeln würde...
„Kristin?
Können wir rein kommen, Schatz?“
Sie
drehte sich um und sah ihren Vater in der Tür stehen. Da er von
wir sprach, nahm sie an, dass ihre Mutter auch da war und das
wiederum bedeutete, dass sie noch einmal mit ihr über alles
sprechen wollten. Sie zögerte kaum, sondern nickte gleich. „Ja,
kommt rein.“
Als
Mary an Rhage vorbei trat, erstarrte Kristin ein wenig. Ihre Mutter
wirkte ungewöhnlich schwach und traurig. Dabei war sie für
sie immer die stärkste Frau gewesen, die sie kannte. Und ihr
wurde bewusst, dass sie immer so wie Mary hatte sein wollen, immer
wie die Frau, die die einzige Mutter war, die sie je gekannt hatte,
die sie je kennen würde. Und... das war auch noch immer so.
Würde immer so sein. Sie schluckte schwer, versuchte nicht, die
Tränen weg zu wischen, die ihr nun über die Wangen liefen
und sie ging zu ihrer Mutter, schlang ihre Arme um sie. „Mom.“
flüsterte sie.
Rhage
lehnte sich gegen den Türrahmen und hatte das Gefühl, dass
ihm gerade ganze Felsen vom Herzen fielen, als er die beiden
wichtigsten Frauen seines Lebens vor sich sah, in einer innigen
Umarmung miteinander vereint.
„Kristin.
Mein Baby.“ flüsterte Mary und streichelte ihre Tochter über
den Rücken, hielt sich an ihr fest. „Es tut mir so leid.“
Ein
wenig löste sich Kristin aus der Umarmung und schüttelte
leicht ihren Kopf. „Nein... es ist nicht deine Schuld. Aber ich
will, dass ihr mir jetzt alles erzählt.“ bat sie sie und sah
über Marys Schulter hinweg auch zu Rhage. Der trat nun richtig
ins Zimmer, legte Mary eine Hand auf die Schulter und nickte, führte
die beiden Frauen zum Bett, damit sie sich setzen konnten.
„Bevor
wir dir alles erzählen, will ich dir nur eins sagen... Du warst
immer die Tochter, die wir uns gewünscht haben und wirst es auch
immer sein.“ sagte Rhage leise und griff nach Marys Hand, bevor er
weiter sprach. „Ich glaube, wir waren alle geschockt, als du in
unser Leben getreten bist. Brahve und Nalla haben dich beim spielen
im Schnee gefunden, mit einer Nachricht an mich gerichtet. Von deiner
Mutter, deiner leiblichen Mutter. Ihr Name war Karen. Ich kannte sie
kaum, sie war lediglich eine Bekanntschaft in einem Club. Bevor ich
Mary kannte, hatte ich... na ja, viele Frauen.“ Er verzog sein
Gesicht und war froh darüber, dass Mary seine Hand drückte.
Vor seiner Tochter darüber zu sprechen, wie er vorher gewesen
war, fiel ihm alles andere als leicht. Er schämte sich dafür,
das zu geben zu müssen. „Ich bin nicht stolz auf das alles,
auch wenn ich sagen muss, dass mir das alles... dich... geschenkt
hat. Wir wusste nicht, wie du zum Anwesen gekommen bist, wo deine
Mutter war. Auf der Nachricht stand, dass sie krank ist und dich
nicht mehr behalten kann, dass ich dich von nun an bei mir behalten
soll. Vishous hat einige Nachforschungen gemacht und dabei kam dann
raus, dass sie... tatsächlich kurz danach gestorben ist. Sie
wusste, dass sie stirbt und dachte, es wäre das Beste für
dich, dich zu deinem Vater, zu mir, zu bringen.“ erklärte
Rhage und sah dabei immer wieder dieses kleine hilflose Mädchen
vor sich. Er machte eine Pause, wollte, dass Kristin die Gelegenheit
hatte, das bisher gehörte ein wenig zu verarbeiten.
Brahve
hatte sie gefunden? Wenn Brahve sie nicht gefunden hätte, dann
wäre sie niemals hier... Irgendwie fand Kristin das ziemlich
bemerkenswert, dass es ausgerechnet er gefunden hatte. Auch wenn sie
damals kleine Kinder gewesen waren, aber es hatte schon von Anfang an
eine Verbindung zwischen ihnen gegeben, die sich kaum erklären
ließ. Sie konnte Rhage keinen Vorwurf machen, dass er vor Mary
andere Frauen gehabt hatte. Sie wusste, wie sehr er Mary liebte,
hatte ihre Eltern immer um diese tiefe Liebe zueinander beneidet. Und
was geschehen war, bevor sie sich kannten, war nun mal Vergangenheit.
An
der Stelle übernahm nun Mary das Reden, hatte das Gefühl,
dass es wichtig war, dass sie auch ihre Seite des Ganzen zu erzählen.
„Ich... kann keine Kinder bekommen. Konnte es nie. Du weißt,
dass ich früher sehr krank war. Das hat dazu geführt, dass
ich keine Kinder bekommen kann. Und das, wo dein Vater und ich... wir
uns immer Kinder gewünscht haben. Es war nicht leicht zu wissen,
dass ich ihm diesen Wunsch nie erfüllen kann. Und es war auch
ganz sicher nicht leicht zu wissen, dass eine andere Frau das
stattdessen getan hat. Aber... ich weiß, dass das nichts mit
uns zu tun hatte, was davor passiert ist. Und erst recht nichts mit
dir. Wie konnte ich einem so kleinen Mädchen einen Vorwurf
daraus machen? Und... du bist ein Teil von ihm. Es war für mich
klar, dass du... dann auch ein Teil von mir sein wirst und ich habe
in dir immer meine Tochter gesehen, nur dass ich nun mal leider nicht
die Frau war, die dich zur Welt gebracht hat.“ Marys Stimme brach
leicht und sie war froh, Rhage direkt neben sich spüren zu
können, der ihr die nötige Kraft gab weiter zu sprechen.
„Wenn es etwas gibt, das wir falsch gemacht haben, dann dass wir
nicht früher mit dir gesprochen haben. Dein Dad und ich, wir
haben immer gedacht, dass wir das tun um dich zu schützen, aber
wir hätten es dir selber sagen sollen, dir alles erklären
sollen, als du alt genug warst um es zu verstehen. Ich kann
verstehen, dass du dich belogen fühlst, aber... alles, was nicht
stimmt, war dass ich dich nicht zur Welt gebracht habe. Alles andere
war immer echt. Du bist meine Tochter, Kristin.“
Rhage
küsste Mary sanft im Nacken, konnte spüren wie aufgewühlt
seine Shellan war und er sah seine Tochter abwartend, fast bittend
an.
„Ich...
ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht dazu gehörte.
Nicht hier her. Und... als ich davon erfahren habe, dachte ich, dass
ich jetzt auch weiß wieso und dass ich dann auch wirklich gehen
sollte. Aber, ich denke, ich habe das falsch eingeschätzt. Die
Einzigen, bei denen ich mich immer dazu gehörig gefühlt
habe, wart ihr beide. Ihr... ihr seid meine Familie. Die einzige
Familie, die ich je hatte und ich liebe euch. Ich... will... nicht
mehr weg von hier.“ murmelte Kristin überwältigt und fiel
ihren Eltern um den Hals.
„Es
tut mir leid, dass du so fühlst. Ist das denn besser geworden?“
fragte Rhage.
„Ja,
ein bißchen. Und ich denke, das liegt daran, dass ich mich
gewandelt hatte. Ich hatte solche Angst, dass ich das nie tun würde.“
Rhage
lächelte seine Tochter stolz an. „Du bist so eine wundervolle
Vampirin.“
„Und
ich nehme an, es liegt auch ein bißchen was an einem jungen
Vampir?“ fragte Mary lächelnd.
Kristin
errötete sofort. „Ich... ich weiß nicht. Vielleicht.
Mom, kann ich mal mit dir alleine reden?“
Wirklich
begeistert wirkte Rhage nicht, dass er nun gehen sollte, aber er
wusste, dass es für Mary sehr wichtig war jetzt Zeit mit Kristin
zu verbringen, die Bindung zu ihrer Tochter wieder zu festigen. Und
vermutlich gab es Themen über die sie lieber mit ihrer Mutter
als mit ihrem Vater sprechen würde. Er küsste Mary sanft,
strich seiner Tochter zärtlich durch die Haare und verließ
dann das Zimmer.
„Worüber
willst du denn mit mir sprechen?“ fragte Mary.
„Ich...
na ja... es ist wegen Brahve. Ich... mag ihn. Irgendwie. Aber ich
weiß nicht, wie er zu mir steht. Ich meine, ja er hat mir
geholfen und er hat mich von seinem Blut trinken lassen, aber das hat
er ja nur getan, weil er es tun musste.“ murmelte Kristin, wirkte
dabei deutlich verwirrt und niedergeschlagen. „Ich hab ihn gesehen,
Mom. Und es gibt nichts, was ich ihm bieten könnte.“ platzte
es aus ihr hervor.
Mary wollte gerade ansetzen, ihrer Tochter zu widersprechen, ihr zu sagen, dass sie nicht glaubte, dass Brahve das nur getan hatte, weil er gemusst hatte, aber die letzten Worte machten sie stutzig. „Wie meinst du das, du hast ihn gesehen? Und dass du ihm nichts bieten kannst? Warum denkst du das von dir?“
Mary wollte gerade ansetzen, ihrer Tochter zu widersprechen, ihr zu sagen, dass sie nicht glaubte, dass Brahve das nur getan hatte, weil er gemusst hatte, aber die letzten Worte machten sie stutzig. „Wie meinst du das, du hast ihn gesehen? Und dass du ihm nichts bieten kannst? Warum denkst du das von dir?“
„Ich
hab ihn gesehen. Beim... Sex. Er ist... brutal. Hart. Und ich... ich
kann ihm doch so was nicht bieten.“
Mary
seufzte leise. „Das musst du ihm auch nicht bieten. Ich denke, dass
Brahve wirklich was an dir liegt und wenn das so ist, dann wirst du
nichts tun müssen, was du nicht willst.“
„Aber
ich habe doch keine Ahnung von so was.“
„Schatz, das ist doch nicht schlimm. Ich bin mir sicher, dass er das weiß und versteht.“
„Schatz, das ist doch nicht schlimm. Ich bin mir sicher, dass er das weiß und versteht.“
„Ich
möchte aber alles für ihn sein. Alles, was er will. So...
so wie bei Dad und dir.“ sagte Kristin traurig.
„Ich
glaube, das bist du. Du bist alles für ihn, mein Schatz.“