„BLAY!“
schrie Qhuinn. Seinem Gesicht fehlte jegliche Farbe, als er auf
seinen Hellren zu lief. Blay tötete seinen Gegner und drehte
sich zu Qhuinn um, der ihm mit so viel Schwung umarmte, dass sie
beide zusammen zu Boden gingen, aber das kümmerte Qhuinn nicht
wirklich. Er musste Blay anfassen, musste sicher gehen, dass dieser
Schuß ihn wirklich nicht getroffen hatte und dass Blay ihn
nicht verlassen hatte. Er presste seine Lippen auf Blays, wollte in
diesem Kuss ertrinken, in der Wärme von Blays Körper.
„Qhuinn,
hey, ich... es ist schon gut, okay?“ murmelte Blay und legte Qhuinn
eine Hand an die Wange.
„Ist
es nicht. Ich dachte gerade mein Leben ist vorbei.“ Qhuinns Stimme
klang zittrig und brüchig.
„Baby,
der Schuß hätte aber nicht dich getroffen. Sondern mich.“
„Das
ist es ja gerade. Was hätte ich bitte ohne dich hier machen
sollen? Ich wäre dir in den Schleier gefolgt.“
„Hör
auf so was zu sagen. Es ist alles gut.“ wiederholte Blay noch
einmal und presste seine Lippen fest auf Qhuinns.
„Ich
hätte es nicht geschafft, dich zu retten.“ murmelte Qhuinn,
als er sich wieder von Blay löste. Das war es, was ihn am
meisten beschäftigte. Er hatte versagt...
„Wenn
Brahve nicht gewesen wäre, dann... Scheiße! Brahve!“
fiel es ihm dann ein und er setzte sich ein wenig auf. In seiner
Sorge um Blay hatte er alles andere um sie herum völlig
vergessen. Auch die Tatsache, dass Brahve den Schuß, der für
Blay gedacht gewesen war, abgefangen hatte.
Jetzt
jedoch kam Bewegung in ihn und er rannte zu Vishous, der auf dem
Boden neben dem leblos wirkenden Körper von Brahve kniete.
„Es
sieht nicht gut aus. Glatter Durchschuß. In die Brust. Ich hab
Jane schon Bescheid gesagt, dass wir ihn bringen werden. So eine
ähnliche Verletzung hatte ich auch, also wenn es jemanden gibt,
der ihn retten kann, dann ist es Jane.“ antwortete Vishous.
„Einen
habe ich noch erwischt, die Luft ist jetzt aber rein.“ sagte Phury,
der nun ebenfalls zu ihnen trat.
Qhuinn
kniete sich nun auf den Boden, legte eine Hand auf Brahves Arm.
„Brahve, hör zu, du wirst mir jetzt nicht sterben. Du hast
Blay das Leben gerettet und dafür werde ich dir ewig dankbar
sein. Also stirb mir jetzt nicht weg, klar?“ sagte er leise zu ihm,
seine Stimme noch immer voller Emotionen.
Kristin
hatte so lange im Zimmer ausgeharrt, bis wirklich alles ruhig
geworden war. Noch immer war weder Brahve noch einer der Anderen zu
ihr gekommen um ihr zu sagen, dass alles okay war und sie raus kommen
konnte. Obwohl sie Angst hatte, umklammerte sie ihre Waffe nun
fester, zog sich an der Kommode hoch und rannte zur Tür. Im Haus
herrschte schon fast beängstigende Stille und sie wollte nur
noch raus. Und vor allem... Brahve finden.
„NEIN!“
zerriss ein schriller Schrei die Stille, die nach dem Kampf
eingetreten war. Alle vier Männer drehten sich zum Haus und und
sahen Kristin in der Tür stehen, die Hand vor den Mund gepresst,
die Augen geweitet, als sie zu ihnen rüber starrte.
Blay
lief zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Hey, sieh
nicht hin, okay?“ sagte er und versuchte sie ein wenig mit sich in
eine andere Richtung zu drehen.
„NEIN,
lass mich. Lass mich zu ihm“ schrie sie und wehrte sich gegen Blays
Griff, der allerdings dann locker ließ. Ihm wurde gerade nur
noch mal so richtig bewusst, dass eigentlich er auf dem Boden liegen
sollte und er hätte es gerne gehabt, wenn Qhuinn an seiner Seite
gewesen wäre. Und Brahve verdiente jetzt alle Unterstützung,
die er bekommen konnte und wenn Kristin ihm gut tun sollte, dann
würde er ihm nicht verweigen, dass sie bei ihm war.
Kaum,
dass Blay sie los gelassen hatte, rannte Kristin zu Brahve, kniete
sich zu ihm auf den Boden. „Brahve! Brahve, du darfst nicht gehen.
Lass mich nicht alleine. Du bist der Einzige, den ich noch habe.
Bitte.“ flüsterte sie und presste ihm einen Kuss auf die
Lippen.
Die
vier Männer um sie herum sahen sich ein wenig betroffen an.
Ihnen war nicht bewusst gewesen, wie tief die Bindung der Beiden wohl
war. „Sie ist durch ihre Wandlung gegangen.“ stellte V leise
fest. „Und offenbar hat er ihr geholfen.“
Qhuinn
schluckte schwer. Zu gut konnte er sich gerade vorstellen, wie
Kristin sich jetzt fühlen musste. Er legte der jungen Vampirin
eine Hand auf die Schulter. „Er wird es schaffen. Wir bringen ihn
jetzt zu Jane. Sie hat V aus einer ähnlichen Situation gerettet.
Kommst du mit?“ fragte er, nicht sicher ob sie mit zum Anwesen
kommen wollte.
Einen
kurzen Moment zögerte Kristin. Sie vermisste ihre Familie, ihr
zu Hause. Aber eigentlich war sie noch nicht darauf vorbereitet,
wieder dorthin zurück zu kenren. Als ihr Blick auf Brahve fiel,
nickte sie allerdings. „Ja, ich bleibe bei ihm. Ich komme mit.“
Als
Brahve von der Kugel getroffen war, hatte es sich angefühlt, als
würde ihm die Brust aufgerissen werden. Immer wieder war er weg
gedriftet, hatte sich seinen Schmerzen einfach hin gegeben. Er hatte
Stimmen gehört, konnte aber deren Bedeutung nicht zu ordnen.
Erst als er eine weibliche Stimme hörte, die sagte, dass sie bei
ihm bleiben würde, wurde er ruhiger, erlaubte sich, einfach in
die Schwärze um ihn herum fallen zu lassen, wusste, dass ihm
nichts passieren würde.
„Brahve.“
murmelte Beth und lief sofort zu ihrem Sohn, griff nach dessen Hand.
„Brahve, mein Baby. Du musst... es schaffen.“ Tränen liefen
über ihre Wange, als sie Phury, der Brahve trug, ins
Krankenzimmer folgte, wo sie aber einen Moment später von Jane
raus geschickt wurde, die gleich mit der Operation beginnen wollte.
Trostsuchend drängte sie sich an ihren Hellren, der offenbar
noch zu betroffen gewesen war, um etwas zu tun.
„Was
ist passiert?“ richtete Wrath sich jetzt fragend an die Brüder.
Seine Stimme klang längst nicht so sicher und autoritär wie
sonst.
„Blay
wäre fast gestorben!“ platzte es Qhuinn hervor. Seine Augen
war fast schon panisch geöffnet und seine Unruhe für alle
Anwesenden deutlich zu spüren.
Blay
legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Qhuinn, ich bin hier. Es
geht mir gut.“ sagte er und tat dann das Einzige, von dem er
wusste, dass es Qhuinn immer beruhigen würde. Er presste seine
Lippen auf die seines Hellrens und zog ihn eng an sich, hielt ihn in
einer festen Umarmung, während er ihn küsste.
„Wir...
gehen besser nach oben.“ sagte Blay dann entschuldigend zu den
anderen, wohl wissend, dass Qhuinn jetzt nicht in der Lage sein
würde, zu berichten, was passiert war. Und er würde ihn
ganz sicher jetzt nicht alleine lassen, wo er seine Nähe jetzt
brauchte.
Vishous
nickte den Beiden zu und drehte sich dann zu Wrath. „Ich will jetzt
wissen, was passiert ist.“ wiederholte er, während er
versuchte, Beth so gut wie möglich festzuhalten.
„Brahve
hat einen Notruf abgegeben, dass in dem Haus, wo er mit Kristin war,
wohl ein Lesserquartier war. Daraufhin sind Qhuinn, Blay, Phury und
ich sofort dahin. Offenbar waren die Lesser gut abgesichert, weil wir
sofort beschossen worden sind, als wir dort ankamen. Ich hab den
Typen auf dem Dach ausgeschaltet und bin dann von oben ins Haus.
Drinnen bin ich auf Brahve getroffen und hab mich mit ihm zusammen
durch das Treppenhaus nach unten vorgearbeitet.“ An der Stelle
erwähnte Vishous nichts davon, dass er Brahve für einen
hevorragenden Krieger hielt, so wie dieser sich in der Situation
verhalten hatte. „In der Zwischenzeit wollten Qhuinn und Blay von
Unten ins Haus, wurden da aber gleich von einigen Lessern
angegriffen. Sie hatten die Situation im Prinzip im Griff. Allerdings
hat sich einer dieser Schweine im Dunklen im Treppenhaus versteckt.
Mit einem Maschinengewehr. Als Brahve ihn entdeckt hat, war ihm
offenbar klar, dass er auf Blay zielte und der Schuss ihn tötlich
treffen würde. Ihm blieb keine Zeit um es anders zu verhindern,
außer sich in die Schusslinie zu werfen.“ beendete Vishous
seine Schilderung.
Wrath
wurde von den unterschiedlichsten Emotionen durchflutet. Er fühlte
einen nie da gewesenen Stolz auf seinen Sohn, als ihm bewusst wurde,
dass er einem Krieger das Leben gerettet hatte ohne an sein Eigenes
zu denken. Er fühlte aber auch Angst und Schmerz, seinen Sohn
vielleicht jetzt zu verlieren.
„Ich
will nur mein Baby zurück.“ schluchzte Beth und Wrath presste
ihr seine Lippen auf die Stirn. „Er wird es schaffen. Er ist ein
Kämpfer.“ sagte er leise. Offenbar war er das wirklich, wie er
heute bewiesen hatte. Und er betete innerlich zur Jungfrau, dass sie
ihm seinen Sohn nicht nehmen würde, bevor er ihm nicht ein mal
gesagt hatte, dass er stolz auf ihn war und ihn liebte.
„Jane
wird es schaffen. Sie hat es bei mir auch geschafft und es ist fast
die gleiche Verletzung.“ sagte V in die Stille hinein.
Kristin
hatte noch kein Wort gesprochen, seitdem sie das Anwesen erreicht
hatten. Zuerst war es ihre Sorge um Brahve gewesen und die nahm ihr
auch noch immer den Atem. Immerhin war er ein Teil von ihr und wenn
er ihr genommen würde, würde es nichts und niemanden geben,
der diese Lücke wieder füllen könnte.
Sie
hatte sich in eine Ecke zurück gezogen, sah niemanden an und
versuchte auch nicht, mit jemandem zu sprechen, war sich nicht mehr
sicher, ob man sie hier überhaupt noch haben wollte, hatte
Angst, dass man sie von hier weg schicken würde, sie nicht bei
Brahve lassen würde. Sie schämte sich dafür, dass sie
weg gelaufen war und fühlte sich schuldig an dem, was jetzt
alles passiert war.
Sie
hatte ihre Knie angezogen, ihre Arme um diese geschlungen und ihren
Kopf auf die Knie gestützt. Sie verfolgte nicht wirklich, was um
sie herum gesprochen wurde und wenn sie Brahve nicht nicht alleine
lassen gewollt hätte, hätte sie sich in ein noch tieferes
Loch verzogen, weg von dem allen hier. Sie wusste nicht, was sie
erwartet hatte, wenn sie wieder hier her kommen würde, aber ein
wenig hatte sie innerlich an der Vorstellung festgehalten, dass es
immer noch ihr zu Hause sein würde. Trotz allem was passiert
war, war es immerhin das einzige zu Hause, was sie je gehabt hatte.
„Kristin...
Baby...“ hörte sie eine Stimme, die sofort ihren Kopf leicht
anheben ließ. Eine Stimme, die ihr ganzes Leben lang dafür
gesorgt hatte, dass sie sich besser fühlte, dass sie sich sicher
fühlte.
Rhage
stand einige Schritte von ihr entfernt und schien sich nicht sicher
zu sein, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte. Und da war
er nicht alleine mit, sie wusste es ebenfalls nicht.
Seine
Miene spiegelte Angst, Sorgen, Wärme, Liebe... alles in einer
Mischung, die Kristin mitten ins Herz traf.
Und
dann gab es für sie kein Halten mehr. Sie sprang auf, rannte auf
ihn zu und fiel ihm dann um den Hals. „Daddy.“ weinte sie an
seiner Schulter, vergrub ihr Gesicht in seinem Shirt und klammerte
sich fest an ihn. Zu viel Angst hatte sie ihn den letzten Stunden
ausgestanden und zu alleine hatte sie sich damit gefühlt, als
dass sie jetzt noch daran denken konnte, dass sie noch immer wütend
auf ihren Vater war, weil er ihr nicht die Wahrheit über ihre
Herkunft gesagt hatte.
Der
starke Körper des Kriegers zitterte, als er seine Tochter in die
Arme nahm, sie langsam hin und her wiegte, wie er es mit ihr als
kleines Kind schon immer getan hatte, wenn sie geweint hatte. Seine
blauen Augen schimmerten feucht und mit einer seiner großen,
starken Hände streichelte er über den Rücken seiner
Tochter.
Minutenlang
standen sie einfach nur so da. Keiner von ihnen sagte ein Wort und es
schien so, als müssten sie sich gegenseitig Halt geben. Halt,
den sie dringend brauchten. Viel mehr, als sie es geahnt hatten.
Irgendwann
hob Kristin ihren Kopf leicht an um ihren Vater ansehen zu können.
„Daddy, darf ich... hier bleiben?“
Fassungslos schüttelte Rhage seinen Kopf. „Ich wusste nicht, wie viel ich als Vater anscheinend falsch gemacht habe. Natürlich darfst du hier bleiben. Du kannst jederzeit hier hin zurück kommen. Es ist dein zu Hause, das wird es auch immer sein.“ sagte er, seine Stimme ein wenig heiser.
Fassungslos schüttelte Rhage seinen Kopf. „Ich wusste nicht, wie viel ich als Vater anscheinend falsch gemacht habe. Natürlich darfst du hier bleiben. Du kannst jederzeit hier hin zurück kommen. Es ist dein zu Hause, das wird es auch immer sein.“ sagte er, seine Stimme ein wenig heiser.
„Ich...
ich wusste nicht ob das noch immer so ist. Bin ich denn... noch
deine... Tochter?“
Rhage presste sie eng an seinen noch immer zitternden Körper. „Natürlich bist du noch immer meine Tochter, Baby. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Sorgen. Ich habe gehofft, dass du wieder zurück kommen wirst. Und jetzt... jetzt ist meine Tochter... mein kleines Mädchen... eine wunderschöne, junge Vampirin.“ Erfürchtig streichelte Rhage über die tränennasse Wange seiner Tochter. „Viel wichtiger... bin ich denn noch dein Vater?“ wollte er wissen.
Rhage presste sie eng an seinen noch immer zitternden Körper. „Natürlich bist du noch immer meine Tochter, Baby. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Sorgen. Ich habe gehofft, dass du wieder zurück kommen wirst. Und jetzt... jetzt ist meine Tochter... mein kleines Mädchen... eine wunderschöne, junge Vampirin.“ Erfürchtig streichelte Rhage über die tränennasse Wange seiner Tochter. „Viel wichtiger... bin ich denn noch dein Vater?“ wollte er wissen.
Kristin
nickte, fühlte sich jetzt wieder viel mehr wie ein kleines
Mädchen. „Ja, das bist du, Daddy.“ flüsterte sie.
Rhage
küsste ihr auf die Stirn und drückte sie wieder an sich.
„Über alles andere reden wir später noch.“
Mary
stand etwas abseits von dieser Szene. Sie fühlte sich daran
erinnert, als sie zum ersten Mal Rhage mit seiner Tochter auf dem Arm
gesehen hatte. Da hatte sie sich aus aus diesem Bild ausgeschlossen
gefühlt und so ging es ihr auch jetzt. Sie hatte Angst da zu zu
gehen, Angst, vor Zurückweisung. Und auch ein wenig Angst davor,
Kristin gleich wieder zu vertreiben. Vor allem, weil sie zu sehr
spüren konnte, wie erleichtert Rhage darüber war, seine
Tochter endlich wieder bei sich zu haben.
Als
Kristin sich wieder leicht von Rhage löste und ihren Kopf leicht
drehte, traf sich ihr Blick mit dem gequält wirkenden Blick von
Mary. Rhage folgte Kristins Blick und biss die Lippen zusammen, hielt
sogar den Atem leicht an.
„Mom.“
flüsterte Kristin nach einem Moment, der allen dreien wie eine
Ewigkeit vorgekommen war und streckte ihre Arme leicht in Marys
Richtung aus.
Rhage
lächelte leicht und auch er hielt einen Arm so, dass er für
Mary Platz machen konnte. Mary presste einen Hand vor ihren Mund.
Noch nie hatte es sich so angefühlt, sie Mom sagen zu hören.
Sie unterdrückte ihr schluchzen und lief zu ihrer Familie, ließ
sich gegen Rhages Schulter sinken und zog mit ihrem freien Arm ihre
Tochter zu sich, so dass sie sich nun alle umarmt halten konnten.
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