Donnerstag, 19. April 2012

Chapter 23

Als Kristin wach wurde, war das Erste, was sie dachte, dass Brahve neben ihr geschlafen hatte. Sie bildete sich ein, seinen Körper noch immer neben sich zu spüren, aber als sie die Augen öffnete, stellte sie fest, dass das Bett neben ihr leer war. Seufzend drehte sie sich auf die Seite und als sie ihr Gesicht in das Kopfkissen grub, konnte sie Brahves wilden, männlichen Duft in diesem riechen, der jeden einzelnen ihrer Sinne anzusprechen schien. Sie genoss es, einen Moment lang einfach so liegen zu bleiben und daran zu denken, wie es sich angefühlt hatte ihn neben sich zu wissen. Egal, was er sagte, aber sie hatte sich noch nie sicherer gefühlt. Die Angst, dass ihre Erinnerung an den Angriff in ihren Träumen wieder kommen würde, war wie weg geblasen und sie hatte gut und ruhig geschlafen.
Zwischen ihren Finger spürte sie plötzlich ein Stück Papier und öffnete ihre Augen so schnell wie möglich um es richtig in die Hand zu nehmen und zu sehen, was es war.
Wollte dich nicht wecken, hoffe es geht dir gut? Ich muss trainieren, aber komme später noch mal wieder zu dir, wenn ich darf. Brahve.“
Ihr Herz schlug schneller und sofort wünschte sie sich, dass er wieder kommen würde. Möglichst bald.

Hallo mein Schatz. Wie fühlst du dich?“
Kristin drehte sich um und lächelte als sie ihre Mutter sah, die das Zimmer betreten hatte. „Schon etwas besser. Ich habe gut geschlafen. Danke, Mom. Wo ist Dad?“ wollte sie wissen.
Der ist bei einer Besprechung der Brüder. Und er hat gesagt, ich soll schon mal zu dir vorgehen, er kommt aber auf jeden Fall später noch zu dir.“
Lächelnd nickte Kristin. „Schon okay so. Ich weiß, dass er hier wäre, wenn er könnte. Hat Jane irgendwas gesagt, wie lange ich noch hier bleiben muss?“
Bevor Mary das Zimmer ihrer Tochter betreten hatte, hatte sie sich mit Jane unterhalten. „Sie sagt, du sollst noch zwei bis drei Tage hier bleiben, damit sie sich beobachten kann und die wirst auch noch von dem Blut brauchen, an das du angeschlossen bist. Danach kannst du ihn dein Zimmer zurück, musst dich aber auf jeden Fall noch einige Tage ausruhen und sie wird dich sicher auch ab und zu untersuchen noch mal.“
Das klingt aber so, als könnte ich damit leben. Mein Zimmer wäre nicht schlecht. Hier werde ich mich schrecklich langweilen.“ seufzte sie. „Was ist das für ein Blut? Brauchte ich Blut?“ fragte sie und sah auf die Transfusion an ihrem Arm.
Ja, du brauchtest Blut. Jane hat dich dann operiert.“
Hat Dad mir von seinem Blut gegeben?“
Mary schluckte leicht über diese Frage, schüttelte aber den Kopf und versuchte, so normal wie möglich zu antworten. „Nein. Dad konnte dir sein Blut nicht geben, weil du menschliches Blut gebraucht hast.“ erklärte sie.
Dann hast du mir Blut gegeben?“ Es gefiel Kristin nicht, dass ihre Mutter sich in Gefahr bebracht hatte um ihr zu helfen.

Langsam schüttelte Mary den Kopf, während sie das Gefühl hatte, dass Blut ihr in den Adern gefror. Dieses Thema gefiel ihr nicht wirklich und es war einer dieser Momente, in dem sie darüber nachdachte, wie es wäre, wenn sie Kristin nun die Wahrheit über ihre Mutter erzählen würde, aber jetzt wo ihre Tochter noch so schwach war, war das sicher kein guter Zeitpunkt und außerdem würde sie das nicht tun, ohne es zu vor mit Rhage abzusprechen, noch besser, wenn er dabei wäre.
Mein Blut ist leider nicht das passende. Onkel Butch hat dir Blut gegeben, was dich gerettet hat.“ sagte sie, spürte einen Knoten in ihrem Hals, bei ihren Worten. Es war zwar die Wahrheit, aber dennoch verbarg sich dahinter eine Lüge, von der Mary nicht wusste, wie sie sich auswirken würde, wenn Kristin jemals davon erfahren würde. Ihre größte Angst war, dass sie ihre Tochter vielleicht genau wegen dieser Lüge irgendwann verlieren würde.
Ach so.“ nickte Kristin, die daran allerdings nicht wirklich etwas falsches oder schlimmes darin sah. „Dann muss ich wohl bei Onkel Butch bedanken.“ lächelte sie leicht. „
Ich glaube, für ihn war es auch nur wichtig, dass es dir gut geht, Schatz.“ sagte Mary und beruhigte sich langsam wieder ein wenig. „Gibt es irgendwas was du brauchst? Was ich dir mitbringen soll?“ fragte sie dann.
Brahve!“ war das erste, was ihr einfiel, was sie aber glücklicherweise nicht aussprach, weil sie nicht wusste, wie ihre Mutter das vielleicht verstehen würde.


Tatsächlich kam Brahve einige Stunden später wirklich wieder bei ihr vorbei. Glücklicherweise schien mittlerweile wenigstens niemand mehr etwas dagegen zu sagen, wenn er sie besuchte, nachdem sie selber so ausdrücklich darum gebeten hatte.
Hey. Tut mir leid, dass ich heute morgen so früh weg musste.“ sagte er, als er sich neben das Bett setzte.
Macht nichts. Wie war das Training?“
Unsicher spielte Brahve mit seinen Händen. Ihr gegenüber aussprechen zu müssen, dass er aus dem Trainingsprogramm geschmissen worden war, war doch alles andere als leicht. Weil sie so ziemlich die einzige Person war, bei der es ihm nicht egal war, was sie darüber dachte. „Ich bin raus. Aus dem Programm.“ brachte er mühsam hervor.
WAS? Aber warum das denn?“ fragte sie etwas verwirrt. Sie hatte immer gedacht, Wrath legte Wert darauf, dass Brahve dieses Programm zu Ende brachte.
Wegen dem was passiert ist. Ich hab die Regeln verletzt.“
Kristin setzte sich im Bett auf und schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht fair. Es war nicht deine Schuld. Ich werde mit Wrath reden und...“
Nein.“ unterbrach Brahve sie und drückte sie sanft auf das Bett zurück. „Es ist schon gut. Und es ist zu spät, ich habe dieses Programm nie wirklich ernst genommen. Ich hab es nicht verdient, in diesem Programm mit zu trainieren. Aber ich... ich will ein besserer Krieger werden als jeder sonst. Payne trainiert jetzt mit mir und Qhuinn und Blay wollen ihr auch dabei helfen. Es... also es darf nur niemand wissen. Wir trainieren inoffiziell. Und ich will nicht, dass einer von den dreien Ärger bekommt.“
Ich werde es niemandem sagen. Und ich weiß, dass du ein guter Krieger werden wirst.“ sagte sie ernst.
Brahve konnte nichts dagegen tun, dass er lächelte. Es war so wichtig, dass Kristin so etwas zu ihm sagte. „Ich arbeite dran. Payne ist knallhart, aber vermutlich muss das auch so sein, damit mir das Training wirklich etwas bringt.“ sagte er. „Verrate mir aber lieber mal... wie geht es dir denn? Was sagt Jane dazu, wie lange du noch bleiben musst?“
Sie sagt noch in etwa drei Tage. Dann darf ich endlich von diesem Tropf weg.“ seufzte Kristin und schluckte dann leicht. Was ihr die Ärztin eine Stunde zu vor erzählt hatte, saß schon noch tief in ihr. „Ich... sie sagt... zwei der Narben werde ich wohl behalten. Die unter dem Auge...“ Unter ihrem rechten Auge verlief eine Narbe quer über ihre Wange. „... und eine am Bauch, die größte.

Brahve konnte spüren, wie traurig sie darüber war. Fast so stark, als wäre es seine eigene Traurigkeit, die sein Herz umklammerte. Bei niemandem sonst übertrugen sich die Gefühle, die von ihr ausgingen so stark auf ihn. Einerseits machte es ihm Angst, andererseits stärkte es die Verbindung zwischen ihnen nur noch mal mehr.
In der Hoffnung, dass seine Berührung ihr gut tun würde, legte er eine Hand auf ihre. „Aber... die Narben sind doch nicht so schlimm. So lange es dir nur wieder gut gehen wird.“ sagte er leise.
Ja aber... ich meine... alleine schon wegen der im Gesicht... wer findet mich denn dann noch hübsch? Das ist doch jetzt ein Makel. Ich habe sowieso schon einen Makel, weil ich nur ein Halbblut bin.“
Brahve schüttelte den Kopf. „Dann habe ich genau so ein Makel. Mein Blut ist auch nicht rein vampirisch. Und meine Augen... ich habe braune Augen mit einem grünen Kreis in diesen. Normal ist das auch nicht.“ Er machte eine kurze Pause bevor seine Stimme etwas leiser und tiefer wurde. „Und außerdem... ich finde dich hübsch. Auch... mit der Narbe. Für mich bist du hübsch! Immer!“
Kristin wollte seine Worte glauben, wollte es wirklich, aber sie konnte nicht verstehen, dass er das wirklich in ihr sah.
Du musst das nicht sagen.“ sagte sie leiser.

Vorsichtig beugte Brahve sich zu ihr, berührte ihre Wange ein kleines Stück unterhalb ihrer Narbe mit seinen Fingerspitzen, die unter dieser Berührung zu kribbeln begannen. „Es ist aber so. Du bist hübsch, Kristin.“ Sein Blick blieb an ihren Lippen haften und er beugte sich ihr noch ein kleines Stück entgegen. Kurz bevor er sie allerdings wirklich berührte, wurde ihm bewusst, was er tat und er schreckte zurück, ließ nur noch seine Hand locker an ihrer Wange liegen. Er konnte sie nicht küssen. Nicht Kristin. Konnte nicht riskieren, ihre Beziehung auf diese Art und Weise zu verändern, wo sie doch die einizige Konstante in seinem Leben war, die Person, die er auf keinen Fall verlieren konnte.
Für einen kurzen Moment hatte Kristin geglaubt, er würde sie küssen und ihr Herz hatte bei dieser Vorstellung aufgejubelt. Als er sich zurück zog, glaubte sie, sie hatte sich das in ihrem Wunschdenken lediglich eingebildet und seufzte leise. Sie sollte froh sein, dass er bei ihr war, dass seine Nähe ihr gut tat und sollte nicht das Unmögliche wollen. Dennoch brauchte sie einen Moment um wirklich von dem Gedanken wegzukommen.
Wie... wie geht es deinem Bein?“ fragte sie, wollte nicht, dass jetzt zu lange Stille zwischen ihnen entstehen würde und sie zu sehr anfing, nachzudenken.
Das geht schon.“ versicherte Brahve sofort. „Ich merke kaum noch was. Ich hab sogar das Training durch gehalten.“ Nur ungerne nahm er seine Hand von ihrer Wange, kam sich aber langsam ein wenig dumm vor, wenn er sie einfach dort liegen lassen würde.
Das klingt gut. Hast du dich genährt?“
Ja, das... habe ich. Mach dir keine Gedanken.“ Dunkle Gedanken stiegen in ihm auf, als er daran dachte, wie er sich von Ravena genährt hatte und er wünschte sich, er könnte sagen, dass es das letzte Mal gewesen war, dass so etwas passiert war. „Ich muss gleich los, mit Qhuinn zum Krafttraining. Wenn du später nicht schlafen kannst oder so, schreib mir einfach, dann schleich ich mich zu dir.“ lachte er dann.
Kristin ließ sich von seinem Lachen anstecken. „Okay. Viel Spaß beim Training. Ich meld mich später bei dir.“
Brahve beugte sich zu ihr, dachte nicht länger darüber nach und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, bevor er ihr Zimmer verließ, froh darüber, dass er sich jetzt beim Krafttraining austoben konnte. In Kristins Gegenwart traute er mittlerweile einfach sich selber nicht mehr wirklich.


Eine halbe Stunde später fand er sich im Kraftraum da. Qhuinn war bereits da, seine eigentliche Trainingsstunde gerade erst beendet. „Gut, dann will ich dir mal ein paar Übungen zeigen, mit denen du anfangen solltest. Kraft hast du so oder so, daran besteht kein Zweifel, aber du bist es nicht gewöhnt, diese einzusetzen. Gezielt einzusetzen. Und das werden wir fördern.“
Qhuinn führte ihm einige der Übungen an den Geräten vor und Brahve konnte nicht anders als zu bewundern, wie der andere Vampir seine Kraft einsetzte und wie ihm nicht mal wirklich Anstreng anzumerken war.
Er selber versagte beim ersten Mal kläglich, als er damit beginnen wollte, Gewichte zu stemmen.
Nicht mit Gewalt. Du bist stark genug, diese Gewichte anzuheben, aber zwing deinen Körper nicht dazu.“ mahnte Qhuinn ihn.
Nach einer Weile hatte Brahve zumindest bei dieser Übung den Griff raus und er spornte sich selber dazu an, immer weiter zu machen, immer mehr Gewicht nachzulegen.
Stop!“ ertönte Qhuinns Stimme. „Genug. Kraft in den Armen hast du, aber du solltest es nicht gleich so übertreiben.“
Mühsam setzte Brahve sich auf und wischte sich über seine schweissnasse Stirn. „Ich... muss ein Krieger werden. Ich muss lernen, wie man sich und andere verteidigt. Ich muss einfach! So schnell wie möglich!“ platzte es aus ihm hervor.

Qhuinn zog eine Augenbraue leicht hoch, fragte nicht nach den Gründen, aber an seinem Gesichtsausdruck konnte Brahve erkennen, dass er ihn verstand. „Du erinnerst mich sehr an mich. Ich wollte auch immer der Beste und der Stärkste sein, damit man mich endlich mal richtig wahrnimmt.“ sagte er. „Wenn du es wirklich willst, dann wirst du ein Krieger, du hast weit mehr Potential als du selber weißt und weit mehr als alle anderen, die im Moment im Trainingsprogramm sind. Du musst nur erstens mehr an dich selber glauben und zweitens mehr Kontrolle über dich und deinen Körper haben. Ich weiß, dass es sehr ist, aber deine dunkle Seite lauert so dicht unter deiner Oberfläche, dass ich sie spüren kann.“
Es überraschte Brahve ein wenig, dass Qhuinn in ihm wie in einem offenen Buch lesen konnte, aber es bedeutete ihm viel, dass er so offen mit ihm sprach. Er stützte sein Gesicht in seine Hände und sah Qhuinn ernst an. „Wie verhalte ich mich einer Frau gegenüber, die mir... etwas... bedeutet?“ hörte er sich im nächsten Moment selber fragen.
Qhuinn lachte, sichtlich amüsiert, auf. „Und diese Frage stellst du mir? Wo das nicht gerade was ist, bei dem ich der erste Ansprechpartner bin.“ sagte er, bezog sich darauf, dass er mit Blay zusammen war. „Ich denke, wir brauchen nicht zu sagen, von wem du gerade sprichst, hm?“ wurde er dann aber gleich ein wenig ernster, konnte sich denken, dass es für jemanden wie Brahve nicht leicht war so eine Frage überhaupt zu stellen.
Na ja, du... hast eine funktionierende Beziehung. Bei euch wirkt alles so... leicht.“
Wieder lachte Qhuinn kurz auf. „Der Weg dahin war aber auch hart genug. Und schmerzhaft.“ bemerkte er. „Sei für sie da. Zeig ihr, dass du es wert bist, dass sie dir ihr Vertrauen schenkt. Und... verlier niemals die Kontrolle über sie. Die Frau die dir etwas bedeutet, ist weit mehr als einfach nur ein Betthäschen, mit dem du spielen kannst.“
Über die Worte von Qhuinn dachte Brahve noch nach als er später bereits wieder in seinem Zimmer war.

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